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Best Practice zu Facebook-Anzeigen: Wie die Schweizer Grünen ihre Fans verdoppelten

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Dies ist ein Gastbeitrag von Johannes Hillje. Er leitete den Europawahlkampf der Europäischen Grünen Partei im Jahr 2014 und berät die Grüne Partei der Schweiz im aktuellen Wahlkampf.

Logo Grüne Partei in der Schweiz
Wenn die Anzahl der „Likes” einer Facebook-Seite in wenigen Tagen sprunghaft ansteigt, kommt schnell der Verdacht auf, die neuen Fans seien gekauft. Anbieter gibt es dafür schließlich genug. Verkauft werden „echte” Facebook-Nutzer, die aber meist wiederum selbst einen kleinen Cent-Betrag dafür bekommen, dass sie eine Seite „liken”. Rechtlich sind solche Geschäfte umstritten, moralisch sind sie völlig inakzeptabel. Insbesondere in der politischen Kommunikation einer Demokratie, die auf dem Repräsentationsprinzip beruht, in der politische Ressourcen nach Wählerstimmen, Mitgliederzahlen oder Mitgliederabstimmungen vergeben werden, ist der Kauf von Online-Unterstützern faktisch Betrug. Gesellschaftlich kann es richtig problematisch werden, wenn Medien die „Like”-Zahlen dann auch noch als Ersatz-Demoskopie heranziehen – wie etwa in der Anfangszeit der Pegida-Bewegung.
 
Quelle: Pluragraph.de
Wachstumskurve Facebook Grüne Schweiz (Pluragraph.de)
Auf legitime Weise lassen sich Facebook-Fans durch den Multiplizierungseffekt erfolgreicher Inhalte oder noch sprunghafter durch gelungene Anzeigekampagnen gewinnen. Um Anzeigen bei Facebook zu schalten, braucht man ein Budget. Die Anzeigen können damit einer selbst definierten Zielgruppe von Facebook-Nutzern angezeigt werden. Je mehr der anvisierten Facebook-Nutzer auf „Like“ klicken, also Fan der Seite werden, desto niedriger sind die „Kosten pro Like“ - das Maß für den Erfolg der Kampagne. Meiner Erfahrung mit politischen Anzeigenkampagne für den deutschen Facebook-Markt nach zu urteilen, kann man mit gut konzipierten Anzeigen bei einem Tagesbudget ab 2 Euro pro Anzeige, eine Kostenrate von unter 20 Cent pro Like erreichen.Zuletzt habe ich die Grüne Partei in der Schweiz bei einer Facebook-Anzeigenkampagne beraten, die innerhalb von drei Wochen ein Wachstum des Facebook-Publikums von 112% generierte. An dieser möchte ich beispielhaft erläutern, wie man eine solche Kampagne aufziehen kann.

Enge Zielgruppen definieren


Grüne Partei der Schweiz
Kampagnenmotiv gegen Massentierhaltung
Parteien und Politiker kennen demographische Merkmale ihrer Wähler wie Geschlecht, Wohnort, Bildungsstand, politische Einstellungen in der Regel sehr genau. Diese Daten sind für die Konzeption der Anzeigekampagne zentral. Bei der Bestimmung der Zielgruppe für die Kampagne der Schweizer Grünen, haben wir die Merkmale der bestehenden Fan-Basis mit denen des durchschnittlichen Grünwählers verglichen. Es zeigte sich zum Beispiel, dass Frauen bei den Facebook-Fans nur knapp 30% ausmachten, obwohl sie über 50% der Grünwähler stellen. Ein weiteres Potenzial ergab sich bei der Analyse der Sprachgruppen: Während die Grünen im französischsprachigen Landesteil stärkere Wahlergebnisse als im deutschsprachigen Raum erzielen, waren frankophone Schweizer im Facebook-Publikum unterrepräsentiert. Wichtig für die Zielgruppendefinition sind auch die „Interessen“, die ein Nutzer auf Facebook über sich preisgibt - z.B. durch das „Liken“ anderer Facebook-Seiten. Als „Interessen” unserer Zielgruppe wurden zum Beispiel politisch nahstehende zivilgesellschaftliche Organisationenwie Greenpeace, WWF oder der Verkehrsclub ausgewählt, aber auch Kampagnenseiten zu den häufig stattfindenden Volksabstimmungen (z.B.Nein zu Ecopop). Außerdem sollte man auch unbedingt die „Lookalike”-Zielgruppenfunktion von Facebook nutzen. Darunter fallen Facebook-Nutzer, deren Profile sehr ähnlich zu jenen sind, die bereits die Seite „liken”.

Klare Kante bei den Botschaften


Ob man nun Fans von Greenpeace oder Transparency International in die Zielgruppe mit aufnimmt, hängt letztlich vom Thema der Anzeige ab. Die Erfahrung zeigt, dass Anzeigen zu einem konkreten Thema mit einer klaren Aussage deutlich besser funktionieren, als allgemeine Botschaften à la „Wir bringen das Land voran“. In die erste Anzeigenwelle der Grünen nahmen wir klassische grüne Themen wie Tierschutz und Anti-Atomkraft; Themen, die mit auf Facebook gut organisierten Zielgruppen korrespondieren (z.B. Rechte für Schwulen und Lesben) und aktuelle „Aufregerthemen“ wie TTIP und Migration auf. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für eine vollständige Anzeigenkonfiguration.

Screenshot Facebook-Werbeanzeigen-Manager
Abbildung 2: Beispiel einer Anzeigenkonfiguration





Unermüdliches testen


Grüne Partei der Schweiz
Kampagnenmotiv Rechte für Schwule und Lesben
Wenn die Kampagne mit den ersten Anzeigen gelauncht wurde, beginnt ein umfangreiches „Targeting“-Experiment. Die Leistung der Anzeigen (d.h. wie viele „Likes“ eine Anzeige generiert), muss täglich beobachtet werden. Zielgruppen müssen modifiziert werden. Anzeigegrafiken ausgetauscht, Themen geändert und Botschaften müssen umformuliert werden. Dazu muss man kein Voll-Geek sein, aber mindestens Leidenschaft für die Datenanalyse mitbringen. Ziel dieser zeitaufwendigen Anfangsphase ist es, rauszufinden, wie eine Anzeige konfiguriert sein muss (Zielgruppe, Grafik, Text, Einblendung auf Computer und/oder Mobilgerät, Einblendung in Timeline und/oder rechter Spalte), damit ein Maximum von Facebook-Nutzern dazu bewegt wird, die eigene Seite zu „liken“. In der ersten Hälfte der Schweizer Kampagne (10 Tage) wurden insgesamt 30 Anzeigenkonfigurationen getestet, um dann in der zweite Phase das Budget auf die leistungsstärksten Anzeigen zu konzentrieren.

Interessant sind am Ende die Lehren, die man aus den Ergebnissen der Kampagne für die zukünftige Öffentlichkeits- und Kampagnenarbeit (nicht nur online, sondern auch offline) ziehen kann. Einige wichtige Erkenntnisse der Kampagne der Schweizer Grünen sind:


  • Tierschutz war mit Abstand das erfolgreichste Thema, gefolgt von Homosexuellen-Rechtenund Anti-Atomkraft
  • Unterschiede bei der Themenrelevanz ergaben sich allerdings zwischen den beiden Sprachgruppen - deutsch und französisch
  • Motive mit emotionalen Bildern (süße Tierbilder und bedrohliche Atomkraftwerke) waren erfolgreicher als weniger emotionale Bilder. Die erfolgreichsten Zielgruppen schlossen 
  • Facebook-Nutzer ein, die auf Facebook mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus einem ähnlichen politischen Milieu verbunden sind


Die NZZ hatte bereits letzte Woche nach Hinweis dieses Blogs über die erfolgreiche Facebook-Kampagne berichtet


Autor: 

Portraitfoto
Johannes Hillje (Foto: privat)
Johannes Hillje arbeitet als Politikberater in Berlin und Brüssel. 2014 leitete er den Europawahlkampf der Europäischen Grünen Partei. Davor arbeitete er für das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) in New York im Bereich "Global Campaigning/ Communications". Hillje studierte "Politics & Communication" an der London School of Economics (LSE) und Politikwissenschaft und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. 
Twitter: @JHillje



Wie nutzten Landesregierungen Social Media? - Landesministerien bei Twitter

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Aktuell gibt es in den Landes-, Staatsregierungen und Senaten der 16 deutschen Bundesländer insgesamt 142 Ministerien (Inkl. Staatskanzleien). Einige von ihnen haben sich bereits auf den Weg ins Web 2.0 gemacht und bespielen die verschiedensten Kanäle. Die meisten allerdings fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Zeit sich die Kommunikation der Landesregierungen einmal genauer anzuschauen und zu analysieren. Heute:

Die Landesministerien bei Twitter


Offizielles Twitter-Logo
Von den 142 Landesministerien und Staatskanzleien haben 29 einen Twitter-Account (Stichtag 05. Oktober 2014). Insgesamt nutzen die Landesregierungen 35 Twitter-Accounts. Wirklich aktiv sind im September 2014 aber nur 26 Ministerien.Dies entspricht einer Twitter-Quote von 18,3 Prozent in deutschen Landesregierungen. Die meisten twitternden Exekutivorgane gibt es im Freistaat Sachsen der Freien- und Hansestadt Hamburg, in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und dem Saarland. Hier sind jeweils drei Ministerien bzw. Staatskanzleien bei Twitter präsent.

Bisher noch nicht bei Twitter vertreten sind lediglich die Ministerien aus Mecklenburg-Vorpommern. Wobei der Account der Niedersächsischen Landesregierung seit Mai 2013 verwaist ist und die Landesregierung somit also nicht mehr wirklich aktiv im Microbloggingdienst vertreten ist. Ähnlich sieht es mit den beiden Accounts der saarländischen Landesregierung aus. Das Europaministerium twitterte zuletzt im März, das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr im Januar 2014.
 
Bisher letzter Tweet der Niedersächsischen Landesregierung

Das Ranking aller Twitteraccountsder Landesministerienfinden Sie bei Pluragraph.de. Dort finden Sie auch die Wachstumskurven der Accounts von Facebook, Twitter und Google+.

In einigen Bundesländern sind die Staatskanzleien für die Bundesländer-Accounts bzw. die Twitter-Accounts der Landesportale verantwortlich. Dabei handelt es sich in einigen Fällen um Misch-Accounts, die nicht ausschließlich über die Arbeit der Landesregierung berichten, sondern auch über Kultur, Tourismus, Wissenschaft und Sport wie z.B. im Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Ich habe ich mich gegen eine detaillierte inhaltliche Analyse dieser Accounts entschieden, da der Fokus nicht allein auf der Regierungskommunikation liegt.

@RegierungBW
Twitter-Account @RegierungBW der Landesregierung Baden-Württemberg
Anders sieht das bei den Accounts der Landes- regierungen von Baden-Württemberg @RegierungBW und Rheinland-Pfalz @rlpNews aus. Beide haben den klaren Schwerpunkt auf der Kommunikation des Regierungshandelns. Die Fokussierung scheint sich auszuzahlen, mit über 10.000 und knapp 6000 Followern rangieren beide Landesregierungs-Accounts quantitativ an der Spitze des Twitter-Rankings. Selbstverständlich sagt die reine Followerzahl nicht viel über den Erfolg eines Accounts aus und manchmal sind weniger Follower auch mehr (Punkt 7).


Erster Tweet @RegierungBW
Das Team hinter @RegierungBW macht in meinen Augen sehr vieles sehr richtig. Im September 2011 startete man flott mit drei Wörtern. Seitdem sind knapp 5000 Tweets gesendet. Dies entspricht ca. 4 Tweets am Tag und 140 Tweets im Monat. Eine sehr ordentliche Quote. Erfrischend finde ich die Lust an der Interaktion. Auf Fragen zu den verschiedensten Themengebieten, auch zu kritischen Themen, wird schnell und kompetent geantwortet - meist noch mit Verweis auf weitere Informationen auf den Webseiten der Landesregierung. Neben vielen eigenen Tweets, die dank Videos, Fotos und extra erstellten Infografiken stark auf visuelle Elemente setzen, werden auch immer wieder spannende Tweets aus den Landesministerien, von den Landesministern oder regierungsfremden Accounts retweetet. Diese Offenheit macht den Nachrichtenstream der Regierung interessant. Hashtags sind für die Redaktion keine Fremdworte, sie werden sehr intensiv genutzt und erhöhen damit die Sichtbarkeit der Tweets in der Twittosphäre. Viele der Tweets werden allerdings weder retweetet oder gefaved. Am erfolgreichsten sind Fotos mit Prominenten, Videos oder gelungene Infografiken. Leider weiß man nicht, wer aus der Regierung bzw. aus der Online-Redaktion twittert. Weder in der Beschreibung noch anhand von Kürzeln in Tweets gibt es einen Verweis auf die Autoren hinter dem Account. Hier würde ein mehr an Personalisierung die Wahrnehmung und Interaktion der Tweets noch erhöhen. Kein Bürger kommuniziert gerne mit einer Blackbox. 

Malu Dreyer mit Hund und Kind
Kinder und Tiere - Malu Dreyer (SPD) looking at things
Auch in Rheinland-Pfalz setzt man sehr stark auf Bilder und Videos. Hashtags findet man ebenfalls fast in jedem Tweet, dadurch erscheinen allerdings einige Tweets sehr kryptisch. Ansonsten gibt es wenig Lichtblicke in der Twitter-Kommunikation der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei. Bereits seit über fünf Jahren, twittert man in Mainz und gehört damit wohl zu den ersten Regierungstwitteren in Deutschland. Es findet leider überhaupt keine Interaktion statt, Dialog ist auf diesem Accout nicht erwünscht. Auf 99 Prozent der Fotos ist die Ministerpräsidentin zu sehen, das ist mit der Zeit nicht nur langweilig, es erinnert auch stark an "Kim Jong-Un looking at things". Warum nicht auch einmal Motive aus der "Sicht der Ministerpräsidentin" posten oder Tweets von anderen Institutionen und Regierunsgmitgliedern  retweeten? Die Sprache ist insgesant sehr formell und protokollarisch und wirkt für Twitter fremd. Der Erfolg der Tweets ist deshalb auch
sehr überschaubar, viele Tweets werden überhaupt nicht weitegeleitet oder favorisiert, selbst Klassiker wie die Neujahrsansprache der Ministerpräsidentin. Da geht noch mehr!

Twitter-Account Rathaus Bremen
In Bremen twittert die Senatspressestelle unter @RathausHB_news für und über die Landesregierung. Seit dem Advent 2013 erhalten die knapp 500 Bremer Follower einen Mix aus Themen des gesamtes Senats. Die Aufbereitung ist vielfältig, informativ und in dieser Mischung nicht langweilig. Es fehlt damit natürlich ein wenig die Fokussierung, da alle Bremer Bürger angesprochen werden sollen. Dies könnte langfristig zu einem Spam-Gefühl führen, viele getwitterte Themen interessieren nur kleine Zielgruppen. Aber mit aktuell 30 Tweets/Woche ist das noch im erträglichen Rahmen. Im Gegensatz zu anderen Regierungsaccounts kommt der Regierungschef in Bremen etwas zu kurz. Ein bisschen mehr Einblick in die Arbeit des Bürgermeisters und der Senatoren würden den Account noch weiter aufwerten.

Twitter-Account der Staatskanzlei Hessen
Männliche Eintagsküken, Farbe für Denkmäler und Lärmpausenmodelle sind nur einige der Themen der letzten Tage auf dem Account der Hessischen Staatskanzlei. Unter @RegHessen twittert der Stab des Regierungssprechers live von Regierungserklärungen, Veranstaltungen und Terminen der Regierung. Ein buntes Sammelsorium von Themen der gesamten Landesregierung. Ministerpräsident Bouffier als Hausherr der Staatskanzlei kommt eher selten vor, dafür wird auch der Koalitionspartner gerne retweetet. Mit der Verwendung von Hashtags steht man ein wenig aus Kriegsfuß: Mal wird der selbstkreierte Hashtag verwendet, einen Tweet weiter schon nicht mehr - dann taucht auf einmal ein neuer ähnlich klingender Begriff auf, der aber auch nur einmal verwendet wird. Mehr Kontinuität würde höhere Reichweiten erzeugen. In den Tweets finden sich nur selten Links zu weitergehenden Infos auf den Webseiten der Regierung und wenn, wird lediglich auf hessen.de verwiesen. Kein besonders nützlicher Hinweis. Insgesamt ein solide gemachter Account, der aber nicht das gesamte Potential ausschöpft und dem ein wenig die Strategie fehlt.      


Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen
Zupackende Hände im Twitter-Account des Wirtschaftsministeriums
Zupackende Hände und hochgekrempelte Hemdärmel sind das erste was der Besucher auf dem Twitter-Account des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen sieht. Das ist eine klare Ansage, die jeder versteht. Hier wird das Titelbild optimal ausgenutzt. Auch ansonsten gefällt mir die Twitter-Kommunikation des Ministeriums sehr gut. Nicht umsonst hat das Wirtschaftsmininisterium die meisten Follower unter den deutschen Landesministerien - und das obwohl man erst seit knapp einem Jahr bei Twitter dabei ist. Umfangreicher Einsatz von Fotos, Videos, Hashtags, Links zu Presseartikeln aber auch zur eigenen Webseite machen die Tweets abwechslungsreich, interessant und zeigen die Arbeit von Ministerium und Minister in verschiedenen Facetten. Besonders gefällt mir, das ab und zu auch ein nicht ganz so bierernster Tweet, wie der des Staatssekretärs im Newsfeed dabei sind. Zudem gibt es reichlich thematisch passende Retweets, die twitter-like kommentiert weitergeleitet werden. Gute Arbeit. Weiter so! Nur eine Sache wird auch hier falsch gemacht: Tweets, die mit einem @ beginnen erreichen so nur wenige Follower (Erklärung siehe unten).   

Screenshot
Twitter-Account des Sächsischen Staatsinisteriums des Inneren
Das Sächsische Staatsministerium des Innerenist das einzige Landesministerium mit einem personalisiertem Twitter-Account. Als Profilfoto grüßt weder ein Bild vom Ministerium noch das Logo der Behörde, sondern der Sprecher des Hauses Martin Strunden. Diese direkte Ansprache macht den Account persönlicher und schafft ein gewisses Maß an Vertrautheit. Man weiß mit wem man hier kommunizert. Das finde ich gelungen. Im Juni 2014 - also kurz vor der Sächsischen Landtagswahl - ging der Account online und seitdem wird getwittert was das Zeug hält. Durchschnittlich drei Tweets am Tag, darunter viele Antworten auf direkte Fragen, zeigen das es dem Sprecher Spaß macht im 140 Zeichen-Format zu kommunizieren. Viele der Konversationen führt Martin Strunden mit dem politischen Gegner des Ministers oder Journalisten aus der Landespolitik. Daran merkt man, dass hier der Sinn von Twitter verstanden wurde: Schnelle und verifizierte Informationen aus dem Ministerium. Guter Service, der auch bei Journalisten ankommt. Dazu gibt es Fotos, Videos, Retweets und ab und an ein Blick abseits der eigentlichen täglichen Arbeit, wie ein Sonnenaufgang von der Dienstreise. So etwas lockert auf und ergänzt die ansonsten politischen Tweets sehr gut. Gefällt mir sehr. 

Senator Frank Horch
Tweet des BWVI
Zwischen Fahrbahnreparaturarbeiten und großer Politik. Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg (BWVI) wagt den Spagat zwischen Tweets zu lokalen Straßensperrungen und der übergreifenden globalen Wirtschaftspolitik. Was schräg klingt, gelingt der Behörde ganz gut. Erst seit Juli 2013 aktiv, hat sich der Account schnell zu einem erfolgreichen Hub für Informationen aus der Hamburger Wirtschaft entwickelt. Die Pressestelle twittert viele Fotos, Videos, interessante Retweets aus ihrem Themengebiet, informiert über aktuelle Initiativen, setzt via Twitter politische Schwerpunkte des Senators und ab und an gibt es auch mal einen nicht ganz ernst gemeinten Tweet oder einen Regenbogen. Gute Mischung, gute Tweet-Frequenz, die auch bei den ständig wachsenden Followerzahlen ankommt. Man merkt dem Account eine gewisse Strategie an. Viele Tweets wirken für meinen Geschmack aber zu formell, trocken und verwaltungsschwanger. Hier könnte wenig mehr Lockerheit ganz gut tun. 

MIWF.NRW
Tweet des MIWF
Ich kenne den Auftrag der Online-Redaktion des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (MIWF) nicht, aber nach Analyse des Twitter-Acounts könnte ich mir vorstellen, das er wie folgt lautet: Schleudert alle Pressemitteilungen auch mal in dieses Internet. Der Großteil der Links führt zu Pressemitteilungen. So kann man kommunizieren, aber nicht auf Twitter. Dafür vermisse ich Dialog, mehr Fotos und Videos. Wenn es Fotos gibt, dann liegen diese manchmal auf der Seite oder stehen auf dem Kopf.  Dafür gibts Hashtags mit 32 Zeichen. Gut finde ich, dass relevante Twitter-Accounts in den Tweets vertagged werden, somit erreicht das Ministerium die relevanten Organisationen mit den Tweets direkt. Insgesamt verschenkt der Account aber einiges an Potential.    

Tweet der BASFI
Bei den Tweets der Sozialbehörde der Freien- und Hansestadt Hamburg (BASFI) bekommt man das Gefühl, dass das Arbeitsleben von Senator Detlef Scheele nur aus Bühnen-/Podienauftritten und Interviews besteht. Diese Tweets dominieren dank der dazugehörigen Bilder den Stream der Behörde. Die Hintergrundfotos aus den Pressegesprächen finde ich gut, bekommt man doch so einen schönen Einblick in die Arbeit des Senators, ein paar andere Einblicke wären aber auch nicht schlecht. Zudem könnten die Foto-Ausschnitte optimiert werden. (Siehe Links). Ansonsten ist das ein gut gemachter Account mit vielen intessanten und fachlich passenden Retweets, Hashtags, vertaggten Twitter-Accounts, aktiven und reaktionsschnellen Bürgerdialog und zu besonderen Anlässen, wie der Einführung der kostenlosen Kita-Betreuung gabs die Tweets sogar auf türkisch, russisch, englisch und polnisch.      

Der Account des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Schule und Berufsbildung ist ein Glückwunsch-Account. Viele Tweets sind Glückwünsche für Preise, Ehrungen und Ernennungen. Aktualität scheint aber nicht zur Kernkompetenz des anonymen Twitter-Teams zu gehören. So findet sich z.B. auch drei Wochen nach der Ernennung der neuen Ministerin Britta Ernst (SPD) noch kein Hinweis dazu auf Twitter. Die sonstige Kommunikation ist durchaus solide. Neben fachlichen Retweets werden Initiativen des Ministeriums, Termine und akuelle Diskussionen im Land via Twitter begleitet. Ich vermisse allerdings den Dialog mit anderen Nutzern und ab und zu auch ein visuelles Element wie ein Foto, Video oder eine aufbereitete Infografik. Verwirrend finde ich zudem, dass das Minsterium bei Twitter noch unter altem Namen "für Bildung und Wissenschaft" firmiert und der Account @KultusSH heißt.  

Übersicht  Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten
Im Brandenburger Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten hat man sich für eine Multi-Channel Strategie entschieden. Man kommuniziert nicht nur mit einem Account, sondern gleich mit vier. Für die verschiedenen Zielgruppen des Ministeriums gibt es inhaltlich getrennte Tweets rund um Energie, Industrie, für Existenzgründer und für das Netzwerk von Gründungsakteuren. Die Idee finde ich grundsätzlich charmant, frage mich aber ob alle angepeilten Zielgruppen über Twitter wirklich erreicht werden und warum man zwei Gründer-Accounts hat? Das alle Tweets aus einem Haus kommen merkt man an der einheitlichen Machart und die ist stark verbesserungswürdig: Twitter ist hier eine reine Linkschleuder für die eigene Webseite. Die Tweets sind langweilig, sie setzen fast nur auf Text und es gibt kein einziges interaktives Element. Am besten ist noch der Industrie-Account aufgestellt, der ab und an einen fremden Retweet zwischenstreut und sogar einmal ein fremdes Video gepostet hat. Ein Anfang. Das diese Form der Kommunikation nicht ankommt sieht man sehr schön daran, das fast kein Tweet favorisiert und retweetet wurde.

Screenshot
1. Tweet der Finanzbehörde Hamburg
Erst seit Juni 2014 bei #Behördentwitter dabei, konnte die Finanzbehörde Hamburg vor wenigen Tagen schon freudig den DGB Hamburg als 100. Follower begrüßen. Der erste Tweet war fast schon programmatisch: "So vertraut und doch neu" textete der Twitterbeauftragte. Es ging aber nicht um Twitter selber, sondern um den Hamburger Haushalt und die Zeile stammte vom NDR. Das vieles noch neu ist merkt man aber den Tweets an, diese sind durchaus informativ, aber wenig spannend formuliert, so das sie auch nicht auf größere Resonanz stoßen. Die externen Links zu Presseartikeln und das ein oder andere Foto finde ich gut. Besonders gelungen finde ich den Blick hinter die Kulissen der Arbeit des Senators, wie hier bei einem Pressegespräch. So etwas könnte öfter kommen. Was total nervt: In fast jedem Tweet gibts den Senator als Hashtag #Tschentscher.

Screenshot
1. Tweet des Thüringer Innenministeriums
Bereits seit November 2010 ist das Thüringer Innenministerium beim Microbloggingdienst unterwegs. Damit dürfte es zu den ersten deutschen Landesministerien bei Twitter gehören. In den vier Jahren gab es bisher ca. 400 Tweets, aber so richtig aktiv ist das Pressereferat erst in den vergangenen Monaten geworden. Und nun gibt es vorallem Termine, Termine, Termine. Sowohl Terminankündigungen als auch Tweets von Terminen dominieren den Stream. Was das Ministerium an Gesetzen und Initiativen erarbeitet erfährt man hingehen leider kaum. Neben den eigenen Tweets gibt es nur ganz selten Retweets, der Einsatz von Hashtags wirkt oft etwas unbeholfen (#Brand- u #Katastrophenschutzes) und auch beim vertaggen z.B. des Ministeraccounts in Tweets scheint Nachhilfe angebracht. Mit einem @Twittername zu Beginn eines Tweets, wird der Tweet nur den Twitterati angezeigt, die auch dem @Twittername folgen. Die Tweets erhalten bisher auch nur wenige Reaktionen.

Twitter-Account Innenministerium Rheinland-Pfalz
Twitter-Account Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur
Mit nur rund 150 Tweets über 560 Follower gewinnen, klingt nach einem spannenden und gut gemachten Account. Das rheinland-pfälzische Ministerium des Inneren, für Sport und Infraststrukturmacht auf jeden Fall einiges richtig, auch wenn an vielen Stellen gerne noch nachjustiert werden könnte. Eigene Hashtags zu kreieren ist eine gute Idee, wenn es aber der einzige Tweet mit diesem Hashtag bleibt, frage ich mich nach dem Sinn der Vertaggung? Zudem sind viele Hashtags eher kryptisch, der Bürger kann z.B. mit #Sksl wenig anfangen. Solche politischen Eigenbegiffe sollten ausgeschrieben bzw. erklärt werden. Auch die Tweet-Frequenz ist noch ausbaubar. Lediglich fünf Tweets im Monat gehen im Stream der Nutzer unter. Ich vermisse auch mehr audio-visuelle Elemente wie Fotos und Videos und eine gewisse Dialogbereitschaft. Es wird nur gesendet aber nicht mit andren Nutzern kommuniziert. Gut finde ich, das sich in fast jedem Tweet ein Link zu weitergehenden Infos auf die Webseite des Ministeriums führt. So wird aus der Webseite ein effizientes "Content-Hub".

Soundcloud-Account des Wirtschaftsministeriums
Gehört der Twitter-Account des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein eigentlich heimlich den deutschen Verlegerverbänden? Teilweise wochenlang gibt es hier ausschließlich Tweets mit Links zu Presseartikeln. Ein schöner Verbreitungs-Kanal für die Verlagsbranche. Warum verweist man aber nicht ab und zu auch auf die Inhalte der eigenen Webseite? Ebenfalls negativ fällt die lustlose Verbreitung von YouTube-Videos auf. Als erklärender Text steht im Tweet meist lediglich "Fügen deinem Video eine Nachricht bei". Großes Plus: Als einziges bekanntes Landesminsterium nutzt das Wirtschaftsministerium Soundcloud zur Verbreitung von Reden und Statements des Ministers. Die Tweets mit Souncloud-Datei heben sich grafisch positiv von den vielen reinen Text-Tweets ab, zudem ist das ein schönes Format um Medienvertretern authentische Live-Statements zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu vielen anderen Accountnamen hat man sich im Norden nicht für den Namen des Ministeriums entschieden (der sich ja öfter ändern kann), sondern mit @wirtschaftsland einen neutralen Namen gewählt. Weitsichtig.

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Erfolgreicher Tweet des Umweltministeriums
Hochseriös und damit leider sterbenslangweilig kommt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg auf Twitter daher. Die Tweets sind für Umeltexperten durchaus spannend und informativ, aber leider im Duktus eines Verwaltungsaktes verfasst. Die Texte kollidieren mit der Twitter-Kultur. Zudem verschenkt man sehr viel Potential, da oft Links zu den vorgestellten Initiativen und Berichten fehlen und so auch die Webseite nur sträflich in die Kommunikation eingebunden wird. Bei politisch hochbrisanten Themen wie z.B. Fracking oder Atomkraft erreichen die Ministeriums-Tweets aber manchmal - im Vergleich zu anderen Landesministerien - überdurchschnittlich hohe Retweet- und Favorisierungsraten. Ganz selten gibt es Fotos und Videos und Retweets, auf die Verwendung von Hashtags wird fast komplett verzichtet. Dafür taucht sehr häufig "UM Untersteller" auf. Für Nutzer, die nicht wissen, dass es sich hierbei um den Umweltminister handelt wirkt das sehr fremd und nicht gerade bürgernah. Zudem würden mehr persönliche Aussagen und Positionen des Ministers z.B. als klassische O-Töne im 140 Zeichen-Format, dem Account gut tun.

Twitter-Account des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
Bereits seit über fünf Jahren twittert das Sächsische Staatsministerium für Kultus unter den Namen @Bildung_Sachsen. Mit über 1100 Tweets ist man auch fleißig dabei, durchschnittlich knapp fünf Tweets in der Woche sind ein guter Schnitt. Viel mehr Positives gibt es aber auch leider nicht zu loben. Die Tweets sind kurz, führen aber meistens nur zu den Pressemeldungen, Dialog findet so gut wie nicht statt, Retweets sind eine Seltenheit, Fotos und Videos gibt es so gut wie nie und auch die Formulierung der Tweets hat eher den Charakter offizieller Telegramme, als das die Texte Lust auf die Inhalte machen. Nur sehr wenige Tweets werden deshalb auch favorisiert und weitergeleitet. Da liegt einiges an Potential brach, obwohl eine ganz ansehnliche Followerzahl für gute Reichweiten sorgen könnte. Auch der großformatige Platz beim Titelbild bleibt leider ungenutzt. Hier machen viele andere Ministerien vor, wie man diesen wunderbar zur Kommunikation nutzen kann.          

Markus Söder als Shrek
Erfolgreicher Reetweet des StMFLH
Mit viel Enthusiasmus startete das Bayerische Staatsministerium für Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (StMFLH) im November 2013 mit dem neuen Minister Markus Söder bei Twitter. Von dem Enthusiasmus ist leider nicht mehr viel geblieben: Seit Mai gabs lediglich sieben Tweets. Bis dahin gabs viele Presseartikel über die Arbeit von Minister Söder, viele Retweets von Markus Söder-Tweets und natürlich Tweets mit und über Markus #Soeder. Man fragt sich ein bisschen warum das Ministerium einen eigenen Account hat, die bisherige Kommunkation hätte der Minister auch selber mit seinem recht erfolgreichen Accountübernehmen können. Positiv: Der Twitter-Account ist prominent auf der Webseite des Ministeriums verlinkt.   
     


  
MWKEL
Tweet aus dem MWKEL Rheinland-Pfalz
Auch im Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz (MWKEL) scheint man ab und zu Anfälle von Amnesie zu haben und vergisst das man einen eigenen Twitter-Account hat. Seit dem 27. Juni schweigte der Account von Ministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) und passend zur heutigen Blogbeitrag-Veröffentlichung gabs nach über drei Monaten mal wieder einen Tweet. Dies ist vorher auch schon öfter über Wochen passiert. Ein wenig mehr Kontinuität in der Kommunikation wäre wünschenswert. Ansonsten gibt es sehr viele Retweets besonders von grünen Accounts, viele Hashtags und ab und an auch ein gut gemachtes Video. Im Jahr 2014 gabs es unter den 27 Tweets, nur 37 Prozent eigene Tweets. Das finde ich ausbaufähig. Und diese Tweets waren dann sogar manchmal auch noch sehr kryptisch und unverständlich, da sie mit Hashtags überladen wurden. Verständliche Bürgerkommunikattion sieht etwas anders aus. Aber die Kommunikation scheint im Land anzukommen, seit Januar hat sich die Followerzahl um 270 Prozent auf nun knapp 850 Follower erhöht.  

Screenshot
Tweets SenBJW
Für ihre Facebook-Aktivitäten hatte ich die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBJW) noch überschwänglich gelobt, bei Twitter geht das leider nicht. Offiziell ist der Account im "Testbetrieb", was ich per se schon amüsant finde, da ein Twitter-Account ja nie fertig bzw. perfekt ist. Leider besteht der Test darin, das man automatisiert die Facebookpostings parallel auch bei Twitter versendet. Alle Potentiale des Kanals werden mit Absicht nicht genutzt. Sollte das auch nach der Testphase so sein, würde ich an Stelle des Senatsbehörde den Account lieber wieder einstellen.  


Typischer Tweet Sächsisches Staatsministerium für Soziales
Warum sollte man Follower des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz werden? Ich habe keine Ahnung. Analog zu den Berliner Kollegen gibt es hier nur Tweets zu Facebookpostings, die automatisch ausgespielt werden. Das sieht dann teilweise sehr unattraktiv aus. Obwohl dem Ministerium weit über 300 Follower folgen gibt es so gut wie nie Favoriserierungen und Retweets. Die Inhalte werden also überhaupt nicht in die Breite getragen. Interessant wem das Ministerium folgt: Neben einigen Medien-Accounts ist darunter nur ein politischer Account: Die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag. Politisch ausgewogen sieht anders aus.


Die Senatskanzlei Berlin und das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz haben zwar schon eigene Accounts gesichert, bisher aber noch keine Tweets oder nur geschützt versendet. Wann es hier wohl losgeht? 

Habe ich Accounts übersehen? Dann immer her damit, ich sehe zwar Vieles aber nie alles ;)

Lesehinweis: Einige Wochen vor dieserm Posting hatte ich bereits die Facebook-Aktivitäten der Landesminsterien getestet und bewertet. Den Text finden Sie hier. 

Die eigene (Partei-)Community – notwendig oder überholt?

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Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Stefan Hennewig. Er ist Leiter des Bereiches Zentrale Aufgaben und Service bei der CDU Deutschlands.  In dieser Funktion ist er unter anderem verantwortlich für das Personal im Konrad-Adenauer-Haus und die teAM-Aktivitäten in den vergangenen Wahlkämpfen. 

Disclaimer: Vor einigen Wochen wollte der Autor dieses Blogs, Martin Fuchs Mitglied in einer geschlossenen CDU Facebook-Gruppe werden. Dieser Beitrittswunsch wurde abgelehnt, da die Gruppe ausschließlich für Wahlkämpfer vorgesehen ist und nicht für Wahlkampfberichterstatter. Gerne komme ich aber seinem Vorschlag nach, diesen Ansatz hier ein wenig zu erläutern.

Rote Schrift auf weißem Grund
Logo CDU Deutschlands
„Brauchen politische Kampagnen oder Parteien eine eigene Community? Oder reicht es nicht aus, einfach auf Facebook zu sein?“ Um ehrlich zu sein: Die Frage beschäftigt uns schon lange. 

Unmittelbar nach der ersten Obama-Kampagne 2008 waren alle dazu einzuholenden Stimmen noch recht eindeutig. Selbstverständlich brauche man eine eigene Plattform zur Organisation einer politischen Kampagne. Eine eigene Community sei zwingend erforderlich. Allein schon wegen der Organisation in Wahlkreisgrenzen und  wegen der vielen weiteren besonderen und vermeintlich einmaligen Funktionalitäten. Und eine eigene Community sei ja auch so etwas wie ein digitales Zuhause für die Anhänger. Im Zweifelsfalle würden sich nur hier die „Firefighters for Obama“ und die „Biker für Steinmeier“ aus der Deckung trauen. Vom Datenschutz mal ganz zu schweigen. 

Screenshot roteblogs.de (2005)
Bis dahin waren die Aktivierung und Koordinierung der Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer in Deutschland durchaus vielschichtig. Die wenigen – aber vorhandenen – Online-Volunteers im Bundestagswahlkampf 2002 wurden mangels sonstiger Alternativen noch über eine einfache E-Mailliste und Foren im Intranet organisiert. In 2005 kamen dann Blogs und Blogrolls hinzu (bei den Kollegen von der SPD) und eine Wahlkampfsimulations-Community bei der CDU. Anmeldungen zum damaligen teAM Zukunft wurden als Vorgänge im CDU-eigenen Citizen-Relationship-Management (CRM) erfasst und die Freiwilligen entsprechend selbst gewählter Interessen und Merkmale auf verschiedene Aktionsmöglichkeiten hingewiesen.

Aber in 2009 kam es dann zu einer vergleichsweise homogenen Struktur und alle Parteien in Deutschland haben recht aufwändige digitale Community-Angebote für die Organisation ihrer Wahlkämpfer vorbereitet und angeboten. Was das teAM-Deutschland-Netzwerk bei der CDU war, fand seine Entsprechung im Wurzelwerk der Grünen und dem SPD-net bei den Sozialdemokraten.
Screenshot team.cdu.de (2013)

Im Wahlkampf 2013 war die Entwicklung dann wieder etwas unterschiedlich. Während die SPD ihr Angebot noch deutlich ausgeweitet und differenziert hat, hat die CDU auf das bewährte teAM-Netzwerk zurückgegriffen. Die technische Plattform haben wir zwar von Joomla auf Drupal umgestellt und auch die Optik angepasst, an den Funktionalitäten aber nur wenig verändert. Ein guter Artikel zu den unterschiedlichen Ansätzen findet sich bei Politikwissenschaftler Dr. Andreas Jungherr (Text noch im Review.)

Wenn wir im teAM-Netzwerk Veränderungen vorgenommen haben, dann waren es eher bewusste Einschränkungen der Funktionalität innerhalb der Community. So haben wir zum Beispiel die Funktion, eigene Unterstützerkreise aufzubauen, beseitigt. Hintergrund dieser Überlegungen  war, dass Unterstützerkreise und vergleichbare Möglichkeiten in der Regel nur eine geringe Außenwirkung entfaltet haben. Eine Selbstbeschäftigung untereinander sollte vermieden werden. Deshalb unser Ansatz: Die Firefighter und Biker dieser Welt sollten künftig bitte all ihren Mut zusammen nehmen und ihre Unterstützung öffentlich auf Facebook, Instagram und – noch besser – im persönlichen Umfeld auf WhatsApp kundtun

Screenshot Interne DIWAK-Facebookgruppe der CDU
Und heute? Heute nutzen wir seitens der CDU eine stetig wachsende Gruppe auf Facebook. Die Gruppe wurde vom Konrad-Adenauer-Haus eingerichtet und steht allen offen, die für die CDU Wahlkampf betreiben möchten. Ganz gleich, ob das die Bürgermeister-Kampagne vor Ort ist, die nächste Landtagswahl oder die regionale Halbzeitkampagne in der laufenden Legislaturperiode. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Nahezu alle online aktiven Mitglieder unserer Partei sind auf Facebook erreichbar. Und wir sind für das Leben auf dieser Plattform nicht allein verantwortlich. Im Newsfeed ist immer etwas los ... und regelmäßig ist auch meine Partei dabei. Nicht nur mit den Postings der öffentlichen Angela Merkel- oder CDU-Seite, sondern auch mit ein paar Hintergrundinfos und Aktionsaufrufenaus der geschlossenen Gruppe für Wahlkämpfer. Auch zwischen den Kampagnen kann auf das hier versammelte Wissen zurückgegriffen werden. So wurde zum Beispiel dieser Text mit der Bitte um Feedback vorab in der Gruppe gepostet.  


Screenshot Interne DIWAK-Facebookgruppe der CDU:



Für die Mitglieder ergibt sich außerdem ein direkter Draht ins Konrad-Adenauer-Haus und zu den anderen hauptamtlichen Strukturen der Partei. Durch eine offene Handhabung der Redaktionsrechte können auch wahlkämpfende Landesverbände schnell und unkompliziert auf Helfer zugehen und zum Mitmachen einladen. Eine vergleichbare Dichte an Aktivität gibt es in den eigenen Netzwerken der Parteien in Deutschland nicht. Vielleicht ist das aber auch gar nicht erforderlich. Denn abgesehen von den wenigen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Politik und politische Kampagnenarbeit in Deutschland ein Ehrenamt. Dann erscheint es aber auch gerade richtig, wenn Organisationsformen für Wahlkampf dies berücksichtigen und – wie es sich für ein Ehrenamt gehört – neben dem sonstigen Leben, das sich digital eben auf Facebook, Instagram, WhatsApp und Co. abspielt, angeboten werden.

Vorläufiges Fazit


Nichts ist entschieden. Ob Facebook das Tool für die interne Koordinierung des Wahlkampfes 2017 sein wird ist unsicher. Wir haben 2009 erlebt, wie sich die Bedeutung der verschiedenen sozialen Netzwerke allein zwischen der Europawahl im Frühling und der Bundestagswahl im Herbst spürbar verschoben hat. Und auch wenn sich die Plattformentwicklung seitdem deutlich konsolidiert hat, ist eine ernsthafte Prognose für 2017 zum jetzigen Zeitpunkt reine Kaffeesatzleserei. Aber es könnte gut sein, dass die Zeit der großen, technisch eigenständigen Kampagnen-Communities bereits Geschichte ist.
An Alternativen wird bereits gearbeitet. 



Autor:


Dr. Stefan Hennewig
Dr. Stefan Hennewig ist Leiter des Bereiches Zentrale Aufgaben und Service bei der CDU Deutschlands. Er ist unter anderem verantwortlich für das Personal im Konrad-Adenauer-Haus und die teAM-Aktivitäten in den vergangenen Wahlkämpfen. 








Es gibt keine Shitstorms in der Politik

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Ein Blog goes Papier. Im Magazin "politik & kommunikation" gibts meine Postings auch als Kolumne und auf Totholz. Seit dem Relaunch Anfang 2015 erscheint das Magazin in einer komplett runderneuerten Form. Der Schwerpunkt der ersten Ausgabe ist "Denken". Auch ich habe mir Gedanken gemacht und versuche die Angst vor Shitstorms zu nehmen.   

Hier das Cross-Posting dieser Kolumne. 

Manche Tweets und Kommentare verärgern, manche verletzten auch. Sehr. Es gibt auch Trolle im Netz,  deren Lebensinhalt nur darin besteht zu provozieren und aufzufallen. Und ja, manche Politiker – oder deren Unterstützer – inszenieren im Netz Kampagnen, die an Hetzjagden erinnern: Gezielt lassen sie Hass-Kommentar auf Hass-Kommentar folgen, Schmähkritik auf Schmähkritik. Doch trotz alledem bin ich der Meinung: Es gibt keine politischen Shitstorms! Und die Politik sollte deshalb keine Angst davor haben.

Cover "politik&kommunikation" Nr. 110
Allein der Begriff lässt jeden englischen Muttersprachler schmunzeln. Außerhalb von Deutschland kennt ihn niemand, Shitstorm wird dort allgemein für „unangenehme Situationen“ verwendet, die sich nicht auf die digitale Sphäre beschränken. In Deutschland hat der Begriff allerdings eine furiose Karriere hingelegt. Seit 2006 hat er sich vor allem durch die breite Medienberichterstattung in den Köpfen vieler Politiker eingenistet. Oft erlebe ich eine große Unsicherheit und Angst von politischen Akteuren bei der Nutzung von Social Media– Hauptgrund ist die Furcht vor einem Shitstorm. Könnte das meine Karriere beenden?, fragt sich manch einer.

Diese Angst lähmt nicht nur das Kommunikationsverhalten der Politik, es führt auch dazu, dass jede noch so berichtigte Kritik, die über digitale Kanäle geäußert wird, allzu schnell als „Shitstorm“ kategorisiert und – das ist das Fatale – damit ignoriert wird. Das ist der falsche Ansatz.

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass nur ein geringer Teil von Kritik an Politikern oder ihren Positionen wirklich Schmähkritik ist. Vieles von dem, was geäußert wird, hat einen konstruktiven Kern.

So schaffen es wenige professionelle Provokateure (Trolle), mit ihren aggressiven und beleidigenden Statements eine politische Diskussion zum Beispiel auf Facebook abzuwürgen. Das ist sehr schade. Denn über jede Kritik sollte sich ein Politiker freuen. Bedeutet sie doch, dass sich Bürger mit seinen Positionen und mit seiner Arbeit auseinandersetzen. Das schlimmste wäre doch für unsere Demokratie, dass das politische Handeln teilnahmslos an der Bevölkerung vorbei geht. Daraus entstehtDemokratie- und Politikverdrossenheit. 
 
Symbolfoto: Analoger Hass
Der oft zitierte Hass, der sich im Netz schneller verbreitet, war schon immer da. Das Internet macht ihn lediglich transparent. Das kann man gut oder schlecht finden, aber immerhin bekommen Politiker so einen Eindruck, wie Teile des Volkes über ihre Arbeit und das Ansehen von Politik und Demokratie denken. Nicht zuletzt, die durch das Netz mobilisierte PEGIDA-Bewegung zeigte, dass ein Teil der Bevölkerung das Vertrauen in Politik verloren hat. Auch wenn die Argumente und Sprüche auf Deutschlands Straßen und im Netz noch so krude und wirr waren, es macht deutlich dass man sich damit auseinandersetzen muss. Mehr noch: In Zukunft muss die Politik noch viel stärker die Gedanken und Gefühle der Bürger wahrnehmen – und auf diese eingehen. Ansonsten verliert die Demokratie ihre Basis: die Wähler. Unter anderem ein gutes digitales Monitoring könnte helfen.

Harte politische Arbeit bei Dr. Matthias Bartke (SPD), MdB
Politik ist immer auch politische Kommunikation. Und Kommunikation im Jahr 2015 bedeutet nicht, dass man in eine Einbahnstraße ruft und hofft, dass alle die Idee gut finden. Politiker sollten sich stärker auf den Dialog fokussieren. Politiker sollten ihre harten politischen Alltag präsentieren, sie sollten zeigen, wie kräftezehrend es ist, einen Kompromiss zu finden, sie sollten das politische System erklären – und all das sollten sie genauso wichtig nehmen wie ihre Arbeit in Ausschüssen, ihre Treffen mit Interessenvertretern, das Studieren von Positionspapieren.

Jeder Dialog baut die Angst vor dem „Shitstorm“ etwas mehr ab. Wenn Sie es schaffen eine digitale Community an sich zu binden, dann wird diese Sie auch in kritischen Situationen verteidigen. Das müssen sie dann gar nicht mehr selber tun.

Zudem empfehle ich ein gewisses Maß an Souveränität um Umgang mit Kritikern: Nach einiger Zeit kennt man die „üblichen Verdächtigen“, weiß, wer pöbeln möchte und wer eine politische Kampagne im Hintergrund hat. Man muss lernen, diese Kritikzu ignorieren. Dabei hilft eine klar formulierte Netiquette, die transparent auf den Social-Media-Profilen präsentiert werden muss. Jeder, der dagegen verstößt, wird kommentar- und diskussionslos gelöscht. Nur so kann jeder Politiker individuell die politische Diskussionskultur auf seinen Profilen steuern.

Screenshot
Netiquette der Bundesregierung auf Facebook
Ich wünschte mir beispielsweise auch, dass sich alle demokratischen Parteien in Deutschland zusammenschließen und eine Erklärung zur politischen Diskussionskultur formulieren. Sie sollten darin klar aufzeigen, wo die Grenzen von Kritik liegen. Bisher sehe ich weder in der Politik – noch in den Medien, die vor den gleichen Problemen stehen - eine gesamtgesellschaftliche Bereitschaft für solch einen Schritt.

Dabei müssen Kritiker lernen, dass sie ihre Kommentare vor dem Veröffentlichen mitunter überdenken sollten und dass nicht jede verletzende Aussage die politische Diskussion voranbringt. Diesen Lernprozess durchleben die Medien, die Politik aber auch andere Teile der Gesellschaft gerade.  
Zudem wünschte ich mir mehr Souveränität im Umgang mit Trollen. Man kann Kommentare löschen – ihnen aber auch mit leichter Ironie begegnen. Die CDU versucht gerade, die guten Erfahrungen von WELT, Tagesschau und anderen Medien zu nutzen und stärker mit diesem Stilmittel zu arbeiten. Nachahmenswert,  finde ich.
 
Nicht zu vergessen: Für jede verletzende Schmähkritik gibt esGesetze in Deutschland. Diese sollten  von den Betroffenen öfter genutzt werden.

Und zu guter Letzt ein smarter Hinweis von Regierungs-Twitterer Steffen Seibert. Bereits 2012 erklärte er, wie er mit allzu grenzwertiger Kritik im Netz umgeht: Twitter aus, Rechner aus und am nächsten Tag beginnt das Leben wieder bei 0. Aber, meine Hoffnung: In wenigen Jahren werden wir über Shitstorms ohnehin nicht mehr reden.   

Haben Sie keine Angst vor den Gedanken ihrer Bürger, wagen sie sich auch weiterhin in Dialoge. Es zahlt sich aus.   


Tipp:
Unter dem Titel "Erregungskampagnen in Politik und Wirtschaft - Digitale Öffentlichkeit zwischen Candy- und Shitstorms"(.pdf)  haben Prof. Caja Thimm (Universität Bonn) und Prof. Christoph Bieber (Universität Duisburg-Essen) für die Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) vor kurzem eine Studie vorgelegt, die sich auch mit Shitstorms in der Politik beschäftigt und u.a. der Frage nachgeht wie man darauf reagieren sollte und welche Konsequenzen Shitstorms für die politischen Akteure haben.

Wie führt man eine Parteimarke im Spannungsfeld von Wähler- und Mitgliederanforderungen?

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Logo Steinbeis School of Management + Innovation
In den letzten Jahren hat das Thema Branding eine zentrale Rolle im Forschungsfeld Political Marketing eingenommen. Parteien erkennen zunehmend die Bedeutsamkeit ihrer Marken in der Beziehung zwischen Partei und Wähler, die empirische Untersuchung von Branding in der Politik ist aber bislang auf wenige Fallstudien, zumeist ex-post Analysen von Wahlkampagnen, limitiert. Diese Beschränkung ignoriert, dass die Beziehung zwischen Wähler und Partei nicht zwischen den Wahlkämpfen abbricht. Darüber hinaus wird die Rolle der Parteimitglieder zumeist marginalisiert, was vor dem Hintergrund ihres programmatischen und personellen Sanktionspotenzials fraglich erscheint. Die Studie untersucht unter Verwendung des Konzepts der Markenidentität und des analytischen GAP-Modells zur identitätsorientierten Markenführung die Auswirkungen von Entscheidungen des Parteimanagements sowohl auf Wähler als auch auf Parteimitglieder am Beispiel der CDU und der SPD.

FORSCHUNGSMETHODIK

Logo der CDU Deutschlands
Die Studie basiert auf einer Erhebung unter 239 Mitgliedern der CDU, 266 Mitgliedern der SPD sowie 502 repräsentativ ausgewählten Wählern. Das GAP-Modell zur identitätsorientierten Markenführung operationalisiert in der Studie das Markenselbstbild der Parteimitglieder und das Markenfremdbild der potenziellen Wähler der
Logo der SPD
jeweiligen Partei
. Zur Berechnung des GAP-Modells wird sowohl das reale Markenimage einer Partei als auch das Markenimage einer idealen Partei bei Parteimitgliedern und potenziellen Wählern abgefragt. Das Markenimage wird dabei jeweils durch 20 verschiedene Eigenschaften wie beispielsweise„demokratisch“, „europäisch“, „sympathisch“ und „traditionsbewusst“ mehrdimensional erfasst, welche die Studienteilnehmer – je nach Parteiaffinität – auf einer 5er-Skala hinsichtlich der CDU oder der SPD („trifft voll und ganz zu“ bis „trifft gar nicht zu“) und einer idealen Partei („sehr gut“ bis „sehr schlecht“) bewerteten. Für jede der beiden Parteien (hier dargestellt am Beispiel der CDU) ergibt sich in der Gesamtsicht aller Teilnehmer somit erstens ein Selbstbild, das aus den Elementen Real Own Party (Wie ist die CDU in der Realität aus Sicht der Mitglieder?) und Ideal Own Party (Wie sollte die ideale CDU aus Sicht der Mitglieder sein?) besteht. Zweitens entsteht ein Fremdbild mit den Bestandteilen Real Party (Wie ist die CDU in der Realität aus Sicht der Wähler?) und Ideal Governing Party (Wie sollte die ideale Partei mit Regierungsverantwortung aus Sicht der Wähler sein?)


Durch die Kontrastierung des Selbstbildes mit dem Fremdbild können vier unterschiedliche konzeptionelle Lücken (Gaps) dargestellt werden, welche die Diskrepanzen zwischen der Perzeption des Markenimages auf Seiten der Wähler und der Perzeption der Parteimitglieder explizieren (Abbildung 1). Das External Identification Gap ist hierbei Ausdruck für die Lücke zwischen den Anforderungen der Wähler an eine Idealpartei und dem tatsächlichen Bild, das sie von dieser Partei haben. Das Internal Identification Gap beschreibt die Lücke zwischen dem idealen und dem tatsächlichen Bild der Mitglieder von ihrer Partei. Das Desire Gap stellt die Diskrepanz zwischen den Idealvorstellungen der Wähler auf der einen und denen der Parteimitglieder auf der anderen Seite dar. Das Communication Gap ist die Differenz zwischen der Wahrnehmung einer Partei durch ihre Mitglieder und der Wahrnehmung durch die Wähler.

Die Studie analysiert diese Gaps für jede Partei und simuliert einerseits die Konsequenzen einer Markenführungsentscheidung, die den Präferenzen der Wähler folgt, und andererseits die Auswirkungen einer Strategie, welche die Idealvorstellungen der Parteimitglieder umzusetzen sucht.

Abbildung 1: Die vier Gaps der Markenwahrnehmung von Wählern und Parteimitgliedern

 

KONSEQUENZEN DER MARKENFÜHRUNG VON PARTEIEN


Die Markenführungsentscheidungen von Parteien wirken sich sowohl auf die Markenimages von Wählern als auch von Mitgliedern aus. In der Strategieportfoliomatrix (Abbildung 2) werden die Konsequenzen der aufgezeigten Markenführungsstrategien für beide Parteien dargestellt: bei der CDU würde beispielsweise eine auf Wählerpräferenzen ausgerichtete Markenführung zwar das Identifikationsgap der Wähler (External Identification Gap) von 21,59 auf 15,18 verringern, das Identifikationsgap der Mitglieder (Internal Identification Gap) aber von 9,73 auf 12,02 erhöhen. Eine mitgliederorientierte Strategie würde im Gegensatz dazu bei der SPD nicht nur zu einer Verringerung des Identifikationsgaps der Wähler von 20,87 auf 16,10 führen, sondern auch zu einer Verminderung des Identifikationsgaps der Mitglieder von 12,61 auf 11,72.

Abbildung 2: Strategieportfoliomatrix


Das Ausrichten der Markenführung an den Idealvorstellungen von Wählern vermag den potenziellen Wahlerfolg zu steigern, riskiert aber einen Konflikt innerhalb der Partei, der final sogar zur Parteispaltung führenkönnte. Ein gesteigertes Konfliktpotenzial zeigt sich hier auf der aggregierten Ebene insbesondere für die CDU. Im Falle der SPD ist die Steigerung des Konfliktpotenzials im Mittel über alle untersuchten Mitglieder nicht sichtbar, auf der Ebene einzelner Gruppen von Parteimitgliedern vergrößert sich das Internal Identification Gap aber substantiell. Alternativ haben die untersuchten Parteien hingegen die Möglichkeit, sich durch die Ausrichtung an den Idealvorstellungen der Parteimitglieder, beispielsweise über eine funktionierende parteiinterne Demokratie, ebenfalls den Vorstellungen der Wähler anzunähern, somit ihre Wahlchancen zu verbessern und dabei zudem noch das parteiinterne Konfliktpotential zu senken (SPD), respektive es zumindest konstant zu halten (CDU). Die von der Parteiführung gewählte Markenführungsstrategie hat somit nicht nur konkrete Auswirkungen auf die Wahlwahrscheinlichkeit bei den Wählern, sondern auch auf die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Konflikten innerhalb einer Partei kommt. Durch eine strategische Einbindung der Mitglieder kann dieses interne Konfliktpotenzial verringert werden, ohne dass die Markenführungsstrategie bei Wählern substantiell an Effektivität verliert.

Parteimitglieder der SPD
Weiterhin zeigen die Ergebnisse bezüglich der Bedeutsamkeit des Communication Gaps, dass Parteimitglieder in der Kommunikation einer Partei eine wichtigere Rolle einnehmen als ihnen die Forschung im Feld Political Marketing bisweilen zugesteht. Mitglieder haben nicht nur Sanktionsmöglichkeiten, sondern können auch wesentlich auf den potenziellen Wahlerfolg einer Partei einwirken, indem sie möglichen Wählern ihr persönliches Markenimage der Partei direkt vermitteln. Hierdurch wird das External Identification Gap der potenziellen Wähler verkleinert und somit die Wahrscheinlichkeit vergrößert, dass diese Wähler für eine Partei stimmen.

Für Parteien bedeutet dies, dass sie mehr Vertrauen in Ihre Mitglieder haben und ihnen eine größere Rolle in der direkten Kommunikation mit potenziellen Wählern zugestehen sollten. Eine Partei, die ihren Mitgliedern Möglichkeiten und Werkzeuge zur Verfügung stellt, mit denen sie beispielsweise Freunde und Bekannte von ihrem eigenen Bild der realen Partei überzeugen können, nutzt das große Potenzial, die Wahlwahrscheinlichkeit von möglichen Wählern effektiv und effizient zu erhöhen. Hierzu ist es nicht notwendig, den Mitgliedern ein geschöntes oder optimiertes Bild der eigenen Partei zu vermitteln, sondern dialogische Kommunikation zwischen Mitgliedern und potenziellen Wählern anzuregen und zu unterstützen.

Bibliografische Informationen:
Schneider, H. und Ferié, F. (2015). How to Manage a Party Brand: Empirical Perspectives on Electoral Probability and Internal Conflict. Journal of Political Marketing 14 (1-2): 64–95.
Link zum Artikel: http://bit.ly/pmbrand

Hinweis:
Die Autoren haben vom Verlag eine begrenzte Anzahl von kostenlosen digitalen Autorenkopien des Artikels erhalten, die sie gerne interessierten Lesern aus Forschung und Praxis zur Verfügung stellen. Bitte kontaktieren Sie bei Interesse Frederik Ferié (f.ferie@steinbeis-smi.de).

Autoren:

Prof. Dr. Dr. Helmut Schneider
Professor Dr. Dr. Helmut Schneider ist seit 2006 Inhaber des SVI-Stiftungslehrstuhls für Marketing und Dialogmarketing an der Steinbeis School of Management and Innovation, Steinbeis-Hochschule Berlin. Seinem Studium der Politik- und Kommunikationswissenschaft sowie der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster folgten Promotionen in beiden Fächern. Im Anschluss an seine Habilitation, ebenfalls an der Universität Münster, war er als Gastdozent an der Marmara Universität Istanbul tätig. Prof. Schneiders Forschungsinteresse gilt Fragestellungen mit gesellschaftlicher Relevanz, wie z.B. der Kommunikation im öffentlichen Sektor, dem freiwilligen Engagement oder der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In diesem Zusammenhang war er Mitglied der Sachverständigenkommission zur Erstellung des achten Familienberichts.
Google-Scholar-Autorenprofil


  
Frederik Ferié
Frederik Ferié ist seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter am SVI-Stiftungslehrstuhl für Marketing und Dialogmarketing an der Steinbeis School of Management and Innovation, Steinbeis-Hochschule Berlin. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Tel Aviv University war Ferié zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, verantwortlich für den Bereich Internationale Politik. Im Rahmen seines Promotionsvorhabens befasst er sich mit den Forschungsfeldern Political Marketing und Dialogmarketing.
Twitter: @frederikferie 
ResearchGate-Profil: http://bit.ly/frederikferie







Die Renaissance des Newsletters - Politische Kommunikation mit Email: Tipps für die richtige Nutzung

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Dies ist ein Gastbeitrag von Egon Huschitt, Geschäftsführer von attention media. Das Unternehmen verantwortet unter anderem politische Newsletter wie die Tagesspiegel Morgenlage oder das kürzlich gestartete Hamburger Tagesjournal.  

Logo attention media
Trotz der neuen Kommunikations-
möglichkeiten über soziale Netzwerke bleibt der Newsletter das effektivste digitale Marketingtool. Studien zeigen, dass Newsletter eine deutlich höhere Effektivität haben als beispielsweise Facebook und Twitter.

Der Grund ist einfach. Der Nutzer muss sich aktiv eintragen, um dem Newsletter zu erhalten. Der Newsletter wird dann in das persönliche Postfach des Lesers zugestellt. Es gibt keinen direkteren Zugang für eine Botschaft zu einem Leser.

Mit Newslettern können Menschen und damit Wähler gezielt informiert werden – wenn die Inhalte und die Darstellungsform gewissen Regeln folgen. Ein politischer Newsletter bietet im Bereich der Wähleransprache und -bindung eine interessante Option, um effektiv und kontinuierlich den Kontakt zu den Bürgern aufrecht zu erhalten und den eigenen Namen und die eigenen Schwerpunkte und Positionen im Gedächtnis des Lesers einzuprägen. 
Balkendiagramm
Nutzung von Newslettern, Facebook und Twitter unter deutschen Internetnutzern, Quelle: Statista.com

   

Interessante Themen - prägant dargestellt 


Dem Leser müssen die wichtigsten Inhalte schnell und übersichtlich präsentiert werden. Wir haben aus unserer Erfahrung gelernt, dass kurze Überschriften zu den jeweiligen Themen und markante Schlagwortehelfen dabei, die Aufmerksamkeit auf diese Inhalte zu lenken. Schlagworte am Satzanfang ziehen den Newsletter-Nutzer in den Text. Leser haben beispielsweise oft nur wenig Zeit, für sie relevante Informationen aufzunehmen. Im Newsletter müssen diese daher schnell gefunden werden können. Wobei wir wissen, dass Empfänger, die sich nicht mit allen Themen gleichermaßen beschäftigen und intensiv lesen, doch das ganze Spektrum wahrnehmen.

Der Newsletter-Betreff sollte laut einer Untersuchung von Retention Science zwischen sechs und zehn Worten lang sein. E-Mails mit kürzeren oder längeren Betreffzeilen werden seltener angewählt. In der täglichen E-Mail-Flut gehen Newsletter eventuell unter, wenn der Betreff langweilig oder nichtssagend ist. Daher gilt: Die wichtigste Information gehört in den Betreff. Auch eine zeitliche Begrenzung – aktuelle Nachrichten für Tag XY – helfen, die Neugier der Leser zu wecken.

Newsletter: Beliebter Informationskanal


Mit Newslettern erreichen Politiker viele Menschen mit einer Aussendung: Und wer sich für den Newsletter angemeldet hat, ist in der Regel zumindest grundsätzlich an dem Absender interessiert. Mit dem Inhalt aber steht und fällt der Erfolg der E-Mail-Kampagne.

Verschiedene attention media Newsletter-Angebote
Kunden informieren sich einer Studie zufolge deutlichlieber via Newsletter über Produkte als über Werbung in klassischen oder sozialen Medien. Natürlich sind Politiker keine Produkte, die gekauft werden können. Ihre Aussagen und die Inhalte, für die sie stehen, animieren Wähler jedoch zu deren Wahl. Und mit Newslettern werden diese transportiert. 

Anders als die Homepage eines Politikers, die aktiv ge- und besucht werden müssen, kommen Newsletter automatisch zum potentiellen Wähler, wenn sich dieser erstmal auf dem Verteiler befindet.

Um Bürger zu erreichen und mit ihnen im Kontakt zu bleiben, sollten Newsletter regelmäßig verschickt werden; ein wöchentlicher oder ein monatlicher Versand ist sinnvoll. Newsletter-Inhalte sollten in erster Linie kurz und prägnant sein und informative Themen knapp zusammenfassen. Wer darüber hinaus tiefergreifende Informationen sucht, kann Verlinkungen z.B. zur Webseite im Newsletter-Text anklicken, die zu einem guten Newsletter dazu gehören. Es kann dabei hilfreich sein, nicht ausschließlich die eigenen Botschaften zu transportieren, sondern auch weitere Meldungen zu den eigenen Themenfeldern – auch kritische Auseinandersetzungen mit der eigenen Person und Themen kann die Wahrnehmung des Newsletters erhöhen.

Wo der Experte hilft

Screenshot
Newsletter MEP Alexandra Thein (FDP)

Ein professioneller Newsletter-Anbieter achtet darauf, dass seine Mails die Spam-Prüfung überstehen – und dass die Inhalte fehlerfrei und gut lesbar dargestellt werden. Deshalb ist der spärliche Einsatz von Bildern ratsam. Auch Videos sollen eher verlinkt, denn direkt mitgesendet werden. Gerade auf mobilen Geräten werden Bilder und Texte oft nicht richtig dargestellt, sodass sie kaum lesbar sind. An einem solchen Newsletter verlieren die Adressaten das Interesse – mögen die Inhalte auch noch so gut sein. 

Um Kunden oder Wähler zu erreichen, müssen die Nutzer den Newsletter abonnieren. Auf der Homepage eines Onlineshops, eines Politikers oder eines Verbandes sollte die Option „Newsletter bestellen“ daher prominent eingebunden werden. Ein Newsletter-Abo sollte keine hohe Hürde für den Leser darstellen. Empfehlenswert ist es daher, nur die Mailadresse und eventuell noch den Namen abzufragen. Adresse und weitere Daten sind unnötig und halten Menschen davon ab, einen Newsletter zu bestellen.

Auch außerhalb der eigenen Website ist es sinnvoll um Leser zu werben. Gerade wenn ein Politiker bei Veranstaltungen im Wahlkreis unterwegs ist, können auch dabei Adressen für das Direktmarketing via Newsletter eingesammelt werden.

Mit Analyse-Tools kann der Newsletter-Versender herausfinden, welche Themen besonders nachgefragt waren und weiterführende Links genutzt wurden. Somit ist jeder Newsletter auch eine kleine Marktforschung für den Themenkompass.

Welche Vorteile ein Newsletter hat


Wichtig ist, in wenigen Worten den Nutzen des Newsletters zu beschreiben. Vereint er alles Wissenswerte aus dem politischen Geschehen in Brüssel, Berlin oder den Landeshauptstädten? Oder informiert er fachlich über ein bestimmtes Thema? Abgeordnete der Landesparlamente, des Bundestags und des Europäischen Parlaments vertreten eine Region: In einem Newsletter können sie berichten, welche (lokalen) Projekte in der Fraktion und dem Parlament diskutiert werden und welchen Standpunkt sie dazu einnehmen. Gleichzeitig ergeben sich daraus auch thematische Schwerpunkte, die über den Wahlkreis hinaus auf Interesse stoßen – nicht nur bei Lesern, sondern auch bei Journalisten und Multiplikatoren.

Fazit


Mit Newslettern können Politiker regelmäßigen Kontakt zu Bürgern erreichen und sie über Themen und eigene Standpunkte informieren. Adressaten stufen Newsletter häufig als seriöser ein als Nachrichten über die sozialen Netzwerke oder Werbung in klassischen Massenmedien. Newsletter müssen regelmäßig, seriös und prägnant informieren. Ein professioneller Newsletter-Anbieter hilft bei inhaltlichen und technischen Fragen.


Autor

Egon Huschitt
Der Journalist Egon Huschitt produziert Newsletter für die unterschiedlichsten Themenfelder, von Politik über Umwelt bis Reisen, von Hamburg über Brüssel bis Polen. Er weiß, was der ungeduldige E-Mail-Empfänger liest und was nicht. Seine Agenturerstellt täglich bis zu einem Dutzend verschiedene Themennewsletter für Unternehmen, Institutionen, Politiker und erreicht Öffnungsraten von über 80 Prozent.
www.attentionmedia.de 

Politiker auf Instagram - Wie nutzen deutsche Politiker die Foto-App?

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In den letzten Monaten gab es fast keinen Tag an dem ich nicht von einem Politiker oder einer politischen Institution gefragt wurde: "Brauchen wir jetzt auch dieses neue Instagram?". Der Hype um Facebooks Foto-App hat also 2015 auch die deutsche Politik erreicht.

Zeit für eine Bestandsaufnahme unter deutschen Politikern.

Kurz zu den Fakten



Diese Zahlen zeigen deutlich, die Nutzerschaft ist sehr jung und die App noch bei weitem kein Massenphänomen in Deutschland. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass das Netzwerk eine gewisse mystische Anziehungskraft auf Politiker, Parteien und Ministerien ausübt. 

Nach umfassender Recherche habe ich aktuell lediglich 61 Profile aktiver Politiker gefunden (Stichtag 02. Mai 2015). Daneben gibt es eine Reihe von Parteiprofilen (z.B. CSU, CDU Rheinland-Pfalz, CDU Hamburg, Grüne NRW), Fraktionsprofilen (z.B. SPD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg, CDU/CSU-Bundestagsfraktion) und Profilen von Ministerien und Ämtern (z.B. Auswärtiges Amt, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge).

Ein wenig Statistik zu Beginn. Unter den recherchierten Politikern sind:  

  6 Europaabgeordnete (MdEP)
19 Bundestagsabgeordnete (MdB)
23 Landtagsabgeordnete (MdL/MdHB/MdA)

Am weitesten verbreitet ist die App bei den Mandatsträgern von CDU/CSU (19 Profile), vor SPD (15), Bündnis 90/Die Grünen (10), Piraten (3) sowie Linke (2) und FDP (1).  

Wozu Instagram?


Da man neben den Fotos lediglich Text aber keine Links hinzufügen kann, liegt der Fokus der App klar auf den Fotos. Das Potential von Instagram liegt laut futurebiz.de im „Visual Storytelling“: Der Nutzen für Marken und wohl auch Politiker liegt somit in der Stützung von Markenbekanntheit, Markenimage oder der Verlängerung von Kampagnen. Politiker können also mit Hilfe von Bildern und kurzen Videos Aufmerksamkeit generieren. Diese wird aber nie zu einer unmittelbaren Aktion wie einem Klick auf die eigene Webseite führen. Im digitalen Kommunikationsmix kann Instagram also vor allem dann eine stützende und ergänzende Rolle übernehmen, wenn das Branding auf mehrere Kanäle verteilt werden soll und wenn der Verlust von organischer Reichweite (z.B. auf Facebook) ausgeglichen werden soll.

Aufmerksamkeit und Interesse bei den Nutzern erhält man in erster Linie durch die Qualität der Inhalte  ergänzt durch deren Aufbereitung. Hierzu zählt vor allem der Einsatz von Hashtags. Zudem spielt auch der Text eine nicht unwichtige Rolle.

Soweit zur Theorie. Auf Grundlage dieser Überlegungen habe ich mir nun alle Politiker-Profile genauer angeschaut und mich durch tausende Bilder geklickt, um zu analysiseren wie diese Instagram-Aktivitäten auf den digitalen Markenaufbau einzahlen:       
 

Die Politiker


Zur besseren Übersichtlichkeit habe ich die Bewertung in drei Gruppen unterteilt: Anschauen, Ausbaufähig und Abmelden. Auch wenn ich keine Noten verteilen möchte, ist dies der Versuch einer qualitativen Wertung. Profile unter Anschauen haben mir grundsätzlich gefallen, auch wenn einige in Sachen visuelles Storytelling noch am Anfang stehen. Bei Profilen der Kategorie Ausbaufähig sind noch ein paar mehr Aktivitäten notwending, um daraus einen gelungenen Kommunikationskanal zu machen und allen Betreibern von Profilen der Kategorie Abmelden empfehle ich genau das.

Anschauen



Lars Oberg (SPD)

YEAH, das ist mal ein politischer Instagram-Account der wirklich Spaß macht. Im Profil des Berliner Abgeordnetenhaus-Abgeordneten gibt’s Politik durchs Bierglas betrachtet, kleine gern anzusehende Miniaturen und Beobachtungen aus dem Berliner Leben (Wahlkreis) und den ungewöhnlichen Blick auf gewöhnliche politische Aktivitäten. Dazu gute und schlaue Texte, die auch die Interaktion fördern. Wermutstropfen sind die fehlenden Hashtags und die komplett unausgefüllte Instagram-Biografie.
Profil: https://instagram.com/oberglars/

Alexandra Dinges-Dierig (CDU)

Die Mischung machts. Sitzungssäle, Weihnachtsbaumkugel-Selfies und zwischendrin eine Cafe- und Filmempfehlung. Finde sowohl den inhaltlichen Mix spannend, als auch den Einblick in das Politikerinnenleben. Die Fotos wirken zudem nicht steif, sondern greifen die Instagram-Tonalität sehr gut auf. Man merkt dass die Bundestagsabgeordnete Lust am Motiv und an der Fotografie hat. Ein wenig mehr politische Positionen und Hashtags würden dem Account noch gut tun.
Profil: https://instagram.com/alexandradingesdierig/  

Lars Klingbeil (SPD)

So muss wohl ein gut gemachter politischer Instagram-Account aussehen. Auch wenn der Bundestags-Netzpolitiker bisher nur 800 Abonnenten hat, finde ich hier wird einiges sehr richtig gemacht. Fast ikonografische Bilder (verschiedene interessante Blickwinkel, Farbtöne und grafische Erzählstile und sehr eigene gelungene Blicke auf den Politikeralltag machen Lust auf mehr Infos. Best Practice nicht nur in der SPD.  
Profil: https://instagram.com/larsklingbeil/ 

Julia Klöckner (CDU)

Los gings vor ca. drei Monaten standesgemäß mit einem Selfie mit Christian Lindner (FDP), Armin Laschet und Friedrich Merz (beide CDU). Seitdem gibts einen kontinuierlichen Einblick in ihre Arbeit– nicht nur mit ihr als Protagonistin z.B. beim Blutspenden. Die rheinland-pfälzische Oppositionsführerin zeigt wen sie trifft, wo sie ist, was sie gerade tut mit ihrem eigenen Blick.Die politischen Botschaften und Kommentare zu den Fotos kommen bisher allerdings weniger gut an. 

Ska Keller (Grüne)

Die grüne Europapolitikerin gehört zu den sehr aktiven politischen Instagrammern in Deutschland, sie bietet breite Einblicke in den Politikeralltag teilweise mit poetischer Kommentierung (z.B. (t)rain zu einem regnerichen ICE-Fenster). Dadurch erhält man ein sehr gutes Gefühl für das "Jet Set-Leben" einer Europaabgeordneten. Und ab und zu erfährt man auch etwas politisches neben viel Natur und Wahlkampfeindrücken. Leider vergisst sie ab und zu die Hashtags, was sich dann negativ auf die Reichweite ihrer Bilder auswirkt.
Profil: https://instagram.com/skakeller/ 

Katharina König (Die LINKE)

Die Thüringer Landtagsabgeordnete kommt auf den Instagram-Fotos überhaupt nicht vor (außer auf dem Profilbild) und auch in der Biografie verschweigt sie, dass sie Politikerin ist. Dafür gibt’s viele Naturfotos aus Thüringen und der Welt und sehr viele viduelle Botschaften zu ihrem Herzensthemen Israel und Kampf gegen Rechtsextremismus. Zwischendurch dürfen aber auch Skurrilitäten wie z.B. eine Gruppe Polizisten auf einer Rutsche nicht fehlen. Man bekommt ein sehr gutes Gefühl wofür sie steht und was sie (täglich) bewegt.
Profil:https://instagram.com/katharinakoenig/

Nachtrag: Meine Empfehlungen wurden sofort umgesetzt. Wenige Minuten nach Veröffentlichung des Blogbeitrags hat Katharina König reagiert +1

Matthias Groote (SPD)

Sharepics, eigene kleine Videos, gut gemachte Fotos und sehr viele Hashtags. Beim Europaabgeordneten aus Niedersachsen merkt man, dass er Instagram schon sehr lange nutzt. Und durchaus erfolgreich. Man bekommt einen guten Einblick in seine Brüsseler Arbeit, aber auch der Wahlkreis kommt nicht zu kurz. Eigens produzierte kleine Videos mit Musik und Selfistange zeigen, dass er mehr Energie als viele andere Politiker in den Kanal investiert und wohl einigen Spaß daran hat. Kurioserweise ist das Profil bisher nicht auf seiner Webseite verlinkt? 

Carsten Ovens (CDU)

Morgendliche Kaffeetassen, Gebäude und Hamburg von seiner schönsten Seite. So lässt sich das Instagram-Leben des Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten zusammenfassen.Durchaus stylische Fotos mit dem eigenen Blick auf die Welt geben einen Einblick in das politische Leben, aber viel Politik bekommt man hier trotzdem nicht unbedingt mit.Auffallend: Im Gegensatz zu vielen anderen politischen Instagrammern ist der Politiker auf keinem einzigen Foto selber zu sehen – Profilfoto ausgenommen.
Profil: https://instagram.com/carstenovens/ 

Daniel Schwerd (Piraten)

Launiger und kurzweiliger Einblick in das Leben zwischen Düsseldorfer Landtag, Berlin und irgendwie dazwischen. Man bekommt ein gutes Bild von den Einstellungen und Positionen des Landtagsabgeordneten, aber auch von den kleinen Skurrilitäten die wir alltäglich erleben. Bisher werden die Fotos aber so gut wie nicht wahrgenommen, liegt vielleicht auch an einem leicht nerdigem Anstrich.    

Lutz Richter (Die LINKE) 


Wie macht er das? Ein normales  Portrait des sächsischen Landtagsabgeordneten bekommt ohne Probleme über 400 Likes und Landschafts- und Sightseeing-Fotos aus seiner Heimat und Urlauben sind zuletzt immer dreistellig geliked wurden. Auch wenn er in den vergangenen Monaten nicht mehr so aktiv postete, seit Ende 2013 gibts kontinuierliche Schnappschüsse aus seinem Familienleben. Politik kommt allerdings nur zwischen den Zeilen zum Vorschein. Die Bilder sind teilweise witzig, gut inszeniert und treffen optisch den Geschmack vieler seiner über 800 Abonennten und wohl auch sächsischer Touristen von überall auf der Welt. Aber keiner der Liker erfährt, das Lutz Richter auch Politiker ist, in der Biografie verschweigt er dies und auf seiner Webseite gibts keinen Verweis auf den Account. Warum?
Profil: https://instagram.com/_lutz_richter_/ 

Terry Reintke (Grüne)

Die Europaparlamentarierin zeigt auf Instagram die ungewöhnlichen und durchaus lustigen und verspielten Seiten der Politikz.B. rot lackierte Fußnägel, Holloween-Verkleidung oder Gewinnerurkunden einer Schokokuss-Schlacht. Ab und zu gibt’s auchpolitische Inhalte in wohldosierter Form. Niedrigschweilliger Zugang zur Politik ist hier garantiert, obs der politischen Markenbildung hilft ist zu wünschen - bleibt aber offen.
Profil: https://instagram.com/ziemlich_terry

Hansjörg Durz (CSU)

Merkel, Sharepics, eigene Videos für Instagramund durchaus ansprechende Fotos aus dem Politikeralltag zeigen das Engagement des bayerischen Bundestagsabgeordneten. Bisher allerdings noch ohne nennenswerte Reichweiten. Das Netzwerk scheint im Wahlkreis Augsburg noch nicht wirklich angekommen zu sein. Lediglich sechs Abonennten und rare Hashtags führten bisher nur zu wenig Likes und Wahrnehmung seiner Aktivitäten.
Profil:  https://instagram.com/hansjoerg_durz/ 

Johannes Kahrs (SPD)

Foodporn, Frisör-Selfies und Shoppingfotos mit der Nichte. Man erfährt zwar einiges aus dem Leben abseits der Politik, aber was der Bundestagsabgeordnete den ganzen Tag politisch macht und welche Positionen er vertritt ist nur Randthema. Teilweise erzielt er beachtliche Like-Zahlen u.a. mit nacktem Oberkörper, Fitnessstudio-Selfies und selbstgemachten Frikadellen. Auffallend: Wie im analogen Leben ist er auch auf Instagram bestens vernetzt, er hat über 1100 Profile abonniert.
Profil: https://instagram.com/johannes.kahrs/

Patrick Schnieder (CDU)

Neben Schnitzelfotos aus dem Reichstag und einigen Selfies gibt’s beim Eifeler MdB viele klassische und leider sehr langweilige Fotos von Podien, Veranstaltungen und Sitzungen. Bisher auch mit wenig Resonanz durch die Instagram-Gemeinde. Der Versuch nicht immer staatstragend zu kommunizieren ist aber erkennbar und begrüßenswert.  Ein roter Faden ist zudem erkennbar: Viele verwackelte Fotos. Das verpixelte Profilfoto verheimlicht zudem mehr als es zeigt.
Profil: https://instagram.com/pschnieder/ 

Katharina Schulze (Grüne)

Zwischen Bangalore und Bayern. Neben dem Blick hinter die Kulissen des Politikbetriebs, leider einigen langweiligen „Ich stehe neben Menschen“-Fotos lässt die bayerische Landtagsabgeordnete die Instagramer an ihren Fernreisen teilhaben. Spannend: Idyllische Winter-Bergwelten neben dem Spacemuseum Washington. Wirkliche Aufmerksamkeit erzielt sie mit dem Account bisher aber noch nicht
Profil: https://instagram.com/kathaschulze/ 

Andreas Baum (Piratenpartei)

Länger ist kein deutscher Politiker dabei. Seit 2011, kurz nach Veröffentlichung der App gibts  wohldosierte Impressionen des Abgeordnetenhaus-Mitgliedes. Im Schnitt alle 2 Monate ein Motiv meist aus dem urbanen Berliner Kulturleben. Die Optik der Fotos ist ansprechend und Instagram-Like. Aber vom Politiker erfährt man außer dem Weg zu einem Bundesparteitag & einer Wahlparty nicht viel. Zudem verschweigt er in seiner Biografie, wer er ist und wie man noch mehr über ihn erfahren kann.
Profil: https://instagram.com/rkab/ 

Albrecht Pallas (SPD)

Scheint nicht wirklich viel zu passieren impolitischen Leben des sächsischen Landtagsabgeordneten: Sitzungsprotokolle, Zeitungsausschnitte und verwackelte Bilder aus Landtags- und Stadtratssitzungen. Zwischendurch gibt’s Selfies und Wahlkampfimpressionen. Erfolgreiches visuelles Storytelling sieht anders aus. Eine visuelle Marke baut man so wohl eher nicht auf. Viele Bilder erreichen dann auch noch nicht mal die magische Grenze von einem Like.
Profil: https://instagram.com/albrechtpallas/ 

Der Selfiemeister


Dr. Peter Tauber (CDU)

Der CDU-Generalsekretär ist seit März 2013 im Foto-Netzwerk dabei und sehr aktiv: Über 600 Fotos, darunter viele #laufpeter-Impressionen und noch mehr Selfies zeigen, dass er Spaß am Medium hat und es selbstverständlich zu seiner täglichen Kommunikation gehört. Er gibt einen lockeren Einblick in seinen Alltag und vorallem einen Blick in die CDU mit ihren vielen Gesichtern, die die Partei ausmachen. Die Bilder kommen sehr gut an, auch „politische Themen“ bekommen überdurchschnittlich viele Likes. Ähnlich wie Lars Klingbeil und Lars Oberg: Peter Tauber ist bei Instagram Best Practice für die politische Kommunikation.

Der Transparente


Robert Stein (CDU)

Papier, Papier, Papier. Politik ist papierlastig und das erfährt man im Account des Ex-Piraten und Neu-CDU MdL aus Nordrhein-Westfalen sehr gut. Ok ab und zu sieht man auch ein iPad. Zudem gibt’s auffallend viele Fotos von Präsentationen, Sitzungen und zwischendurch ein Selfie.Das ist alles sehr transparent, aber leider auch nicht wirklich spannend aufbereitet. Den eigenen Blick auf das Geschehen gibt’s selten z.B. bei Demofotos aus den Landtagsfenstern. Das einzigeintransparente im Profil ist das stark verpixelte Profilbild. Obwohl schon lange dabei sind Abonnenten- und Likezahlen eher unterdurchschnittlich
Profil:https://instagram.com/robert_stein_mdl/ 

Nachtrag: Nach Veröffentlichung des Blogpostings hat Robert Stein sein Profilbild geändert. +1.

 

Der Wahlkreiswerber


Sebastian Steineke (CDU)

Oh wie schön ist Brandenburg, bzw. die Niederlausitz und das Havelland. Der Account des Brandenburger Bundestagsabgeordneten stellt den Wahlkreis und dessen schöne Ecken in den Vordergrund. Man könnte fast meinen das ist der Auftritt des Brandenburger Landesmarketings. Zwischendrin gibt’s auch ab und an politische Fotos oder Einblicke in den Berliner Arbeitsplatz. So profiliert er sich im Wahlkreis als digitale Marke mit starker Bindung zur Region. Wirkliche politische Botschaften muss man allerdings lange suchen. 


Ausbaufähig 


Die Künstler


Volker Beck (Grüne) 

Beim Kölner Bundestagsabgeordneten gibt’s unkommentierte Hinterköpfe aus dem Bundestag, postsozialistische Bauruinen, romantische Stempel, sehr viel Weihnachtsdeko und ein Standesamt-Schild. Man erfährt aber nicht warum er das festgehalten hat und was er dem Bürger damit sagen will? Die Texte zu den Bildern sind eher erratisch als aufklärend. Seit Dezember 2012 ist er dabei und gehört damit zu den ersten Bundestags-Instagrammern.  Seit einigen Wochen hat er Hashtags entdeckt, seitdem gehen die Likes auch stark nach oben. 

Anja Siegesmund (Grüne)

Seit der Thüringer Landtagswahl ist der grüne Landespolitikerin Ministerin im Kabinett Ramelow. Davon bemerkt man in ihrem Profil aber noch nichts, hier firmiert sie noch als Fraktionsvorsitzende. Praktisch ist sie aber die einzige mir bekannte deutsche (Landes-)Ministerinbei Instagram. Das kann sie mit Sonnenuntergängen, Schneelandschaften und Holunderfotos aber ganz gut verbergen. Seit April 2014 ist sie zudem fast inaktiv.Die Regierungskommunikation ist noch ausbaufähig. 
Profil:https://instagram.com/ansie2012/ 

Marco Bülow (SPD)

Als Poesyrebell ist der SPD-Parlamentarierbei Instagram unterwegs. Und genauso sieht der Account auch aus. Schöne poetische Fotos aus der Natur und auch aus der Stadt. Wenn man genau hinschaut entdeckt das geübte Auge auch ab und zu den Bundestag. Ein politisches Profil sieht aber anders aus. Das soll es aber wohl gar nicht sein. Wirkt wie eine private Spielweise ohne politische Ziele. Oder doch? 
Profil:https://instagram.com/poesyrebel/  

Der Food-Porner


Michael Hilberer (Piraten)

"Hmmmm lecker...." ist der erste Gedanke, wenn man das Profil des Landtagspiraten aus dem Saarland aufruft. Politik soll ja auch durch den Magen gehen, von daher gibt’s hier viel Food-Porn von Orangen, über Berliner, Spiegelei bis zu hartem Alkohol. In der Profilbeschreibung unterlässt er jedoch jeden Hinweis auf seine politische Arbeit.Eher ein privater Ess-Account, angereichert mit entschleunigten Naturfotos und seltenen Einblicken in den politischen Alltag. 
Profil:https://instagram.com/hillecrane/ 


Die Entschleunigte


Dorothee Bär (CSU)

Jeden Monat gibts fast nur ein Bild, bisher ist aber noch keine wirkliche Linie erkennbar. Neben offiziellen Fotos von Veranstaltungen postet die Parlamentarische Staatssekretärin im Verkehrsministerium auch Tee und Baustellen. These: Instagram ist und wird auch nicht Dorothee Bärs liebste Spielwiese. 
Profil:https://instagram.com/dorobaer



Die Anfänger


Sören Herbst (Grüne)

Erst seit wenigen Tagen ist der grüne Landtagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt im Foto-Netzwerk dabei. Das merkt man den Fotos auch noch an. Es fehlt bisher ein wenig an der Linie.Was auffällt: Er kommentiert und hashtagt größtenteils in Englisch. Er scheint mit seinenSpringbrunnen- und Freifunk-Bildern eine größere Zielgruppe als nur die eigenen Landeskinder anzupeilen.
Profil:https://instagram.com/soeren.herbst/

Prof. Dr. Andreas Nick (CDU)

Im Account des Bundestagsabgeordneten aus Montabaur ist die große weite Welt zu Hause. Ein Potpourri von Fotos seiner Reisen mit meist uninspirierten und langweiligen Aufnahmen, die nicht viel von den Reisen und seiner Arbeit erzählen, dazu typische und altbekannte Motive aus dem Berliner Regierungsviertel.Bisher gabs hierfür auch noch sehr überschaubare Likes. 
Profil:https://instagram.com/drandreasnick/   

Dr. Volker Ullrich (CSU)

Bisher gibt’s hier nur drei Fotos aus dem Parlamentarierleben, eher klassische Motive ohne Überraschung und spannenden Zugang zu seinen Aktivitäten. Aber der Account des bayerischen Bundestagsmitglieds ist auch erst wenige Tage alt.
Profil: https://instagram.com/volkerullrich/ 

Michael Kruse (FDP)

Bereits vor dem Start seines erfolgreichen Bürgerschaftswahlkampfes hat der Hamburger Landespolitiker schon wieder mit Instagram aufgehört. Sein letztes Bild ist vom November 2014. Bis dahin hatte er vielversprechend begonnen. Gute Fotos, ungewöhnliche Blicke, sehenswerte Optik. Nur die Hashtags fehlten und auch ein paar Likes.
Profil: https://instagram.com/michael.kruse.75/   


Rasmus Andresen (Grüne)

Wer sich für New York und norddeutsche Winterlandschaften interessiert ist beim grünen Netzpolitiker aus dem Landtag Schleswig-Holstein goldrichtig. Einen wirklichen Einblick in sein Politikerleben erhält man allerdings nicht. Das Profil ist bisher zur Markenbildung also nur am Rande geeignet.
Bettina Dickes (CDU)

Eine gute Idee. Auf Instagram mit Fastnachtfotos und vielen jungen Menschen z.B. beim GirlsDay zu starten. Da holt man die Zielgruppe gleich gut ab. Nach nur fünf Fotos hat sich die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete schon einen ordentlichen Abonnentenstamm aufgebaut. Wenn sie nun auch noch ihre Biografie pflegen, nicht immer nur sich auf den Fotos präsentieren und ab und zu Hashtags verwenden würde, steht einer Karriere im Fotonetzwerk nichts mehr entgegen.
Profil: https://instagram.com/bettina_dickes/


Kim jong-un looking at things


Olaf Scholz (SPD)

Auf jedem, ungelogen auf jedem Foto ist “König Olaf”zu sehen. Die Fotos des Hamburger Bürgermeisters unterscheiden sich nicht von klassischen Pressefotos, sie sind allesamt sehr staatstragend. Frage mich wo der Mehrwert für Instagrammer sein soll? Zudem sind die Fotos nur eine Zweitverwertung seines Facebook-Accounts.
Profil: https://instagram.com/olafscholz/ 


Dr. Markus Söder (CSU)

Auch hier wird Instagram lediglich zur Huldigung des eigenen Personenkults genutzt, allerdings mit einigen frischen Elementen wie Selfies, Selfie-Selfies oder Massenselfies. Zudem verbindet Bayerns Finanzminister und Kronprinz jedes Fotos mit einer klaren politischer Botschaft, teilweise aber sehr langen Texten. Trotz vieler Hashtags erzeugen die Bilder noch nicht all zu viele Likes und rufen bisher auch noch keine wirklichen Begeisterungsstürme unter den Instagrammern hervor.

Nachtrag: Dr. Markus Söder hat nach Veröffentlichung des Blogbeitrages angekündigt einiges zu ändern. Ich bin gespannt.

Erwin Rüddel (CDU)

Politiker hinter Hunnen, Politiker vor Autos, Politiker neben Baustellen. Solche Fotos kennen die Bürger seit Jahrzehnten aus der Zeitung und genau diese gibt es auch im Instagram-Account des Bundestagsabgeordneten aus dem Westerwald. Das ist eher langweilig als gut gemacht. Es fehlt komplett der Blick aus Sicht des Politikers und das überraschende Moment. Aufmerksamkeit bekommt er damit bisher wenig. Aber er ist ja auch erst seit Anfang April 2015 dabei.
Profil: https://instagram.com/erwin_rueddel/ 

Peter Simon (SPD)

Ja, Politik macht Spaß. Jedenfalls kann man das glauben wenn man den Fotos des baden-württembergischen Europaabgeordnetenfolgt. Auf fast jedem seiner 48 Motive gibt’s den lachenden Politiker, ausgenommen das Foto zum Unhappy Meal. Auch wenn 30 Hashtags pro Bild  keineSeltenheit sind, gibt’s bisher leider nur wenige die das Lachen auch zum liken verleitet.Zu konventionell, zu erwartbar, zu wenig ungewöhnliche Perspektiven.
Profil:https://instagram.com/petersimonmep

Kazim Abaci (SPD)

Plakate, Plakate, Plakate und auf allen Fotos ohne Plakate sieht man den Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten. Der Account wirkt leider wie eine klassische Fotodatenbank für die Presse, aber nicht wie ein Kanal, der die Bürger für Politik begeistern soll. Zielgruppe komplett verfehlt. 
Profil:https://instagram.com/kazim_abaci/ 



Abmelden


Martin Schulz (SPD)

Der Präsident des Europäischen Parlaments und mögliche Kanzlerkandidat der SPD 2017 ist seit Mai 2014 auf Instagram inaktiv - also genau seit dem Ende seines Wahlkampfes als Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten. Aus dem Amt des Kommissionspräsidenten ist bekanntlich nichts geworden. Bei Instagram tritt er trotzdem immer noch als Kandidat auf. Klassischer Fall von Wahlkampfaccount. Eine reine Alibi-Veranstaltung.

Peer Steinbrück (SPD)

Und noch ein ehemaliger SPD-Spitzenkandidat, der das Wahlziel verfehlt hat. Seit September 2013 ist der Account des Bundestagsabgeordneten und Ex-Spitzengenossen inaktiv. Letztes Bild: Der Wahlgang mit seiner Frau. Immerhin erhielt dieses Motiv 105 Likes. Und insgesamt sammelte sein Team im Wahlkampf beachtliche 300 Abonnenten. These: Der begeisterte Offliner kommt nicht zu Instagram zurück.
Profil: http://instagram.com/peersteinbrueck

Andrea Nahles (SPD)

Als Generalssekretärin war die Arbeitsministerinnoch motiviert,  im Februar 2012 gabs das erste Telefonfoto. Danach folgten spannende Einblicke in ihr Leben als Generalin. Aber irgendwas muss beim Nominierungs-Parteitag von Barack Obama 2012 in Charlotte passiert sein. Seitdem gibt’s leider keine neuen Updates von Ministerin und Bundestagsabgeordneter.
Profil:https://instagram.com/andreanahles/ 

Dr. Konstantin von Notz (Grüne)

Der grüne Bundestags-Netzpolitiker gehört klar zu den Early Adoptern bei Instagram, seit September 2012 ist er dabei und zum Zeitpunkt wo andere noch gar nicht eingestiegen waren ist er schon wieder ausgestiegen– im August 2013. Die Art und Weise der visuellen Kommunikation bis dahin hat mir aber gefallen. Warum er nicht mehr dabei ist, wollte er mir leider nicht verraten.
Profil: https://instagram.com/konstantinnotz

Thomas Jarzombek (CDU)

Nach 20 Fotos war Schluss beim CDU-Netzpolitiker aus dem Bundestag. Seit November 2014 gibt’s keine Aktualisierung im Profil. Aber gerade das letzte Foto war durchaus erfolgreich und die Bildauswahl davor ein guter Anfang.  
Profil:https://instagram.com/thomas_jarzombek/ 



Uwe Schummer (CDU)

Nach nur einem Video war schon wieder Schluss. Und dieses war auch eher abschreckend. Fachthema in wenigen Sekunden mit schlechtem Ton. Die Eröffnung des Profil durch den Bundestagsabgeordneten wirkt ein wenig wie "Dabei sein ist alles".
Profil: https://instagram.com/uweschummer/ 
Bettina Hornhues (CDU)

Ok, das Kinderfoto der Bundestagsabgeordneten aus Bremerhaven ist durchaus süß, aber ziemlich alleine im Profil. Seit über zwei Jahren sind keine neuen Motive dazugekommen, dazu ein schwer zu findender Profilname (bummi72) - spricht alles dafür, dass das Projekt Instagram eine Eintagsfliege war.
Profil:  https://instagram.com/bummi72

Manfred Weber (CSU)

100%-Quote bei der CSU? Die Fotoauswahl des EVP-Fraktionsvorsitzenden aus Bayern erinnert stark an Dr. Markus Söder. Auf allen 10 Fotos ist Manfred Weber– meist in Großaufnahme - zu sehen. Im September 2014 gabs das letzte Portrait. Das Interesse hielt sich bis dahin in Grenzen, sowohl bei den Instagrammern – als auch bei Manfred Weber.   


Sven Kohlmeier (SPD)

Das muss man erst einmal schaffen. Mit acht Fotos nur ein Like generieren. Wohl auch der Grund warum das Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses seit November 2012 nichts mehr veröffentlich hat. Sah bis dahin gar nicht so schlecht aus.
Profil: https://instagram.com/kohlmeierspd






Benedikt Lux (Grüne)

Ein Phänomen. Bisher hat das grüne Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauseskein einziges Fotos veröffentlicht, aber schon 122 Abonnenten. Das nennt man wohl Vorschusslorbeeren. Wann es hier wohl richtig losgehen wird?
Profil: https://instagram.com/b3nelux

Hansjörg Schmidt (SPD)

Account ja, Fotos und Abonnenten sucht man beim Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten allerdings erfolglos.
Profil: https://instagram.com/hschmidthh




Danial Ilkhanipour (SPD)

Eine kurze Schaffensperiode von drei Monaten. Lediglich von November 2014 bis zum Januar 2015 nutzte der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete das Netzwerk. Mitten im Wahlkampf war Schluss. Unter den Fotos findet sich aber für Kenner der politischen Großwetterlage in der Hamburger SPD ein visueller Leckerbissen



Michael Jungclaus (Grüne)

Seit über zwei Jahren und nach nur zwei Fotos hat der Brandenburger Landespolitiker seine Instagram-Karriere bereits im April 2013 mit einem Schneefoto schon wieder beendet.
Profil: https://instagram.com/mjungclaus





Dr. Mario Voigt (CDU)

Es gab da diesen einen sehr aktiven Instagram-Tag im Leben des Thüringer Landtagsabgeordneten. Der 28. Oktober 2013. Bei diesen drei Bildern ist es aber bislang geblieben.Immerhin haben die Motive aus der Fürstengruft 174 Abonnenten gebracht. Nicht schlecht! 



Der Selbstdarsteller

Tobias Huch (FDP)

Huch hat zwar aktuell kein Mandat aber als umtriebiger FDP- Jung- und Kommunalpolitiker ist er auch bei Instagram voll dabei, deshalb wollte ich das Profil nicht vorenthalten. Seine FDP-Feuerzeuge schaffen über 70 Likes. Ansonsten gibts Postings zu den Themen Augenlasern, politische Demonstrationen, ISIS und kleine lustigen Alltagsbeobachtungen. Meines Erachtens nutzt er das Foto-Netzwerk clever zum digitalen Markenaufbau, ähnlich wie auf anderen sozialen Netzwerken in denen er ebenfalls sehr präsent und erfolgreich ist. Mir ist diese Selbstdarstellung allerdings zu viel:  Ich, Ich, Ich.Über 3200 Abonnenten gefällts.
Profil:https://instagram.com/tobiashuch/



Weitere Politiker auf Instragram


Ohne aktuelles Mandat

Jan Stöß (SPD), Landesvorsitzender der Berliner SPD:  https://instagram.com/janstoess/
Johannes Vogel (FDP,) Ex-MdB und Generalsekretär der FDP NRW: https://instagram.com/johannesvogel/
Robert Bläsing (FDP), Ex-MdHB https://instagram.com/robertblaesing
Matthias Albrecht (SPD), Ex-MdHB https://instagram.com/albrecht73/ 

Weitere Kommunalpolitiker auf Instagram:

Antonia Niecke (CDU), Mitglied der Bezirksversammlung Hamburg- Altona: http://instagram.com/toniecke 
Torsten Schatz (CDU), Bezirksverordneter BVV Spandau: https://instagram.com/thorstenschatz 
Tim Schmuckall (CDU), Bezirksversammlung Hamburg-Altona: https://instagram.com/timschmuckall/
Cecile Bonnet (FDP), Mitglied der Schweriner Stadtvertretung:http://instagram.com/cecile_bonnet/
Torsten Leveringhaus (Grüne), Gemeindevertreter Seeheim-Jugenheim: https://instagram.com/karpfenpfeifer/
Maurice Müller (Grüne), Stadtrat für Umwelt, Bremerhaven: https://instagram.com/mauricebmueller/
Denis Peisker (Grüne), Dezernent für Stadtentwicklung und Umwelt Jena: https://instagram.com/denispeisker 
Daniel Zimmermann (Peto), Bürgermeister von Monheim: https://instagram.com/daniel_zmm/



Habe ich noch Politiker übersehen und vergessen? Dann freue ich mich über Hinweise via Kommentarspalte, Facebook, Twitter oder Email.  Besten Dank vorab!


Wahlplakate from Hell - Edition Bremer Bürgerschaftswahl

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Nachdem ich bereits im letzten Europawahlkampf und bei der Hamburger Bürgerschaftswahl die schönsten "Wahlplakate from Hell" präsentiert habe, habe ich auch zur Bremer Bürgerschaftswahl wieder einige schöne Motive drüben bei Twitter zusammengetragen.

Hier nun alle auf einen Blick:

Die PARTEI Bremen 



CDU Bremen 


 
Piratenpartei Bremen 

 

Claas Rohmeyer (CDU)

 
Claas Rohmeyer (CDU)

 
CDU Bremen

 
CDU Bremen 

 
Karin Bohle-Lawrenz (FDP)

 

Marcel Käthner (CDU)

 

Partei Mensch Umwelt Tierschutz Bremen 

 

Die PARTEI Bremen
 
Susanne Wendland (Bündnis 90/Die Grünen)


Lencke Steiner (FDP)


Bündnis 90/Die Grünen Bremen 

Das Motiv ist wohl ein offizieller Fake der Grünen zum 01. April.


Die LINKE Bremen 

CDU Bremen

 
SPD Bremen
 
AfD Bremen
 
Neue Liberale Bremen

Tim Alexander Abitzsch(FDP)

Jonas Kuckuk Die PARTEI


Und zum Schluss noch ein ganz besonderes Schmankerl: Ein Wahlaufkleber from Hell von der Autoscheibe eines CDU-Wahlkampfmobils




Social Media im Bürgerschaftswahlkampf: Wem folgen die Kandidat/innen?

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Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Jan-Hinrik Schmidt und Christoph J. Beyer vom Hans-Bredow-Institut Hamburg. Er ist der dritte Teil einer Reihe von Analysen und Ergebnissen eines Forschungsprojektes zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2015 in Zusammenarbeit mit Prof. Thorsten Faas (Universität Mainz), dem Portal PolitikTweetsHH sowie dem Hamburger Wahlbeobachter. 

Logo des Hans-Bredow-Institutes
Der Wahlkampf zur Hamburgischen Bürgerschaft ist zu Ende, doch die Auswertungen im Rahmen unseres kleinen Forschungsprojekts zu den Social-Media-Aktivitäten der Kandidierenden gehen weiter. Nach den Bestandsaufnahmen zu Twitter und zu Facebookstellen wir im heutigen Beitrag einige Befunde zu den „Twitterrepertoires“ vor.

Dies bedarf aber einer kurzen einführenden Erläuterung (erfahrene Twitter-Nutzer/innen können den folgenden Absatz überspringen):
Das wesentliche Prinzip, um den Informationsfluss und die Kommunikation auf Twitter zu strukturieren, ist die „Friend-Follower-Beziehung“. Sie lässt sich mit dem Abonnieren der Tweets einer Person vergleichen; folgt Nutzerin @anja dem Account von Nutzer @bertram, werden dessen Tweets zusammen mit den Tweets aller anderen Accounts, denen @anja folgt, in ihrer Timeline angezeigt. In der Terminologie von Twitter ist @anja ein „Follower“ von @bertram, und umgekehrt ist @bertram ein „following“ (so heißt es im Interface) bzw. ein „friend“ (so heisst es in der API) von @anja. Diese Beziehung ist nicht zwingend reziprok - @anja kann @bertram folgen, ohne dass @bertram wiederum @anja zurück folgen muss.

Viele Studien und Analysen zu Twitter konzentrieren sich auf den „Follower“-Aspekt dieser Beziehung, z.B. in Rankings, welche Accounts weltweit die meisten Follower haben. Dahinter steckt die Vorstellung, dass sich in der Follower-Anzahl Merkmale wie kommunikative Reichweite, Popularität oder Einfluss ausdrücken. Implizit wird mit dieser Perspektive Twitter-Kommunikation als Variante des „Broadcasting“ verstanden: Ein „Sender“ verbreitet seine Botschaft an mehr oder weniger viele „Empfänger“.

Mit dem Konzept der „Twitterrepertoires“ kehren wir diese Sichtweise um: Uns interessiert der einzelne Twitter-Account nicht als Sender, sondern als Empfänger von Informationen. Aus welchen Quellen speist sich die Timeline von @anja? Neben @bertram folgt sie ja auch noch anderen Accounts – wie viele sind das und aus welchen Bereichen stammen diese Accounts? Sind es Accounts anderer Kandidierender, politischer Parteien oder Organisationen, publizistischer Anbieter, von Privatpersonen, Unternehmen oder Celebrities?

Welchen Twitteraccounts folgen die meisten Kandidierenden?


Zu diesem Zweck haben wir am 20. Januar 2015 für die Anfang des Jahres recherchierten 253 Twitteraccounts von Kandidierenden über die Twitter-API (Schnittstelle) abgefragt, welchen anderen Accounts diese folgen. Für insgesamt 230 Accounts konnten wir diese Informationen ermitteln; die übrigen Accounts waren entweder weiterhin inhaltlich nicht klar der kandidierenden Person zuordenbar (10), waren geschützt (9) oder folgen keinem anderen Account (4).

Infografik Balkendiagramm
Infografik: Welchen Twitteraccounts folgen die meisten Kandidierenden bei der Hamburgwahl?
Im Durchschnitt folgt jeder der 230 Kandidierenden fast 300 Accounts (299,6; Standardabweichung: 523,9), wobei Kandidatinnen einen etwas höheren Durchschnittswert (349,6; Standardabweichung 686,2) als Kandidaten (277,8; Standardabweichung  435,3) haben. In der Summe sind das knapp 70.000 einzelne Friend-Beziehungen, die auf knapp 35.000 einzelne Accounts entfallen. Etwa drei Viertel dieser Accounts (26.530 von 34.739 Accounts) tauchen nur einmal im Datensatz auf, werden also nur von einem Kandidaten oder einer Kandidatin „verfolgt“.

Wem folgen die Kandidierenden? 


Das bedeutet umgekehrt aber auch, dass es Accounts gibt, denen mehrere Kandidierende folgen. Welches sind die in diese Hinsicht „populärsten“ Twitter-Quellen für die Kandidierenden? An der Spitze steht@buergerschaftHH, denen 101 Kandidierende auf Twitter folgen, das entspricht knapp 44 Prozent der untersuchten Personen. Auf den weiteren Plätzen folgen ganz unterschiedliche Typen von Accounts, darunter z.B.

Infografik Balkendiagramm
Infografik: Twitter-Accounts lokaler Medien
Als nächsten Analyseschritt haben wir alle Friends an einer Liste von 105 Twitter-Accounts lokaler (d.h. auf Hamburg fokussierender) Medienangebote abgeglichen, die wir im Zuge des Projekts zusammen gestellt hatten; darunter sind die Twitter-Accounts der lokalen Tageszeitungen, Radio- und TV-Sender genauso wie die Accounts von lokalen Onlineportalen (ohne Ableger in Print oder Rundfunk) sowie von Blogs mit lokalem Fokus.

Wie vielen Twitteraccounts lokaler Medien folgen die Kandidierenden? 


Im Durchschnitt folgen die Kandidierenden 4,2 Accounts aus dieser Liste, wobei sich dieser Wert wiederum rechnerisch vor allem aus Lokalzeitungen (durchschnittlich folgen die Kandidierenden 1,32 solchen Accounts) und „Online-Only-Portalen“ (1,2 Accounts) zusammensetzt. Die insgesamt 20 Accounts dieser beiden Gruppen machen 18 Prozent der gesamten Liste aus, auf sie entfallen aber fast 60 Prozent der Friend-Beziehungen zu allen 105 Accounts lokaler Angebote. Anders ausgedrückt: Sie sind überproportional häufig in den Twitterrepertoires der Kandidierenden vertreten.

Wie vielen Twitter-Accounts anderer Kandidierender folgen Kandidierende?


Infografik Balkendiagramm
Infografik: Twitteraccounts anderer Kandidierender
Die gleiche Analyselogik lässt sich auch auf die Friend-Beziehungen zwischen den Kandidierenden selbst anwenden. Die 230 Personen, über die wir Friend-Informationen vorliegen haben, folgen demnach im Durchschnitt 15,2 der insgesamt 253 Twitter-Accounts. Dieser Wert setzt sich rechnerisch vor allem aus Accounts von Kandidierenden der SPD (im Durchschnitt 5,12), von Bündnis 90/Die Grünen (2,6) sowie der Piraten (2,5) zusammen. Zugleich zeigt sich eine stark ausgeprägte „in-group-Tendenz“, denn Kandidierende einer Partei tendieren – erwartbar – dazu, vor allem anderen Kandidierenden der eigenen Partei zu folgen. So folgen Kandidierende der SPD zum Beispiel im Durchschnitt etwa 12 Accounts von anderen Personen, die für die SPD antraten; Personen aus anderen Parteien folgen im Durchschnitt nur 2,6 Accounts aus der SPD. Für die CDU betragen die entsprechenden Werte 7,8 zu 1,1; für die Piraten 14,9 zu 0,5, etc.. Diese Friend-Beziehungen entlang politischer Nähe würden sich durch netzwerkanalytische Verfahren noch feiner untersuchen und visualisieren lassen, doch dies sprengt den Rahmen dieses Blogeintrags.

Abschließend aber noch der Hinweis: Wir können durch unsere Analyse natürlich nicht klären, ob Kandidatin @anja all die Informationen der verschiedenen Quellen aus ihrer Timeline auch tatsächlich bewusst wahrnimmt und verarbeitet – genauso wenig übrigens wie die Reichweite-Perspektive mit Sicherheit klären kann, ob tatsächlich alle Follower die Tweets von @justinbieber  wirklich lesen. Zudem kratzen auch die hier vorgestellten Befunde noch an der Oberfläche der Möglichkeiten, die der Perspektivwechsel vom Broadcastkanal zur Informationsquelle für die Analyse von Twitterdaten bietet. So wäre neben der angesprochenen netzwerkanalytischen Vertiefung unter anderem auch von Interesse, ob sich Muster in den individuellen Twitter-Repertoires finden lassen, also z.B. Personen, die wenig anderen individuellen Kandidierenden, aber vielen Accounts von redaktionell betriebenen Medienmarken folgen, vs. Personen, die vielen Individuen, aber wenigen Redaktionen folgen.






Autoren

Dr. Jan-Hinrik Schmidt
Dr. Jan-Hinrik Schmidt ist wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung (Hamburg).








 

Christoph J. Beyer
Christoph J. Beyer studiert Soziologie (Master) an der Universität Hamburg und arbeitet als studentischer Mitarbeiter am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung.













Informieren & aktivieren: Wie Jugendliche Politik in Social Media rezipieren

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Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Ulrike Wagner. Sie ist Direktorin des JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis in München. Der Beitrag beruht auf dem 2014 publizierten Buch "Jugendliche und die Aneignung politischer Informationen in Online-Medien". Mehr Informationen finden Sie hier.

Logo JFF - Institut für Medienpädagogik
Die Strukturen des Social Web ermöglichen es, Informationen schnell und unkompliziert zu verbreiten, Wissen zu teilen und sich ad hoc zu organisieren. Dieses Spektrum an medialen Handlungsmöglichkeiten erstreckt sich vom Abrufen und Kommentieren aktueller Nachrichten über das Weiterleiten interessanter Meldungen bis hin zum Demoaufruf via Facebook-Posting oder auch dem kontinuierlichen Engagement in politischen Gruppierungen. Den Ausgangspunkt für die JFF-Studie „Jugendliche und die Aneignung politischer Information in Online-Medien“ bildet die Annahme, dass die gesellschaftliche Handlungsfähigkeit der Subjekte– also ihre Möglichkeiten, an Gesellschaft teilzuhaben und diese mitzugestalten – mit der Aneignung von medial vermittelter Information in engem Zusammenhang stehen. Die Ergebnisse geben einen Einblick, in welcher Art und Weise 12- bis 19-Jährige die informationsbezogenen Handlungsmöglichkeiten für sich nutzbar machen.

Soziale Netzwerkdienste sind wichtige Verweisstruktur


Informations- und Nachrichtenportale, soziale Netzwerkdienste wie Facebook und Seiten für Videos/Hörbeiträge, wie z.B. Youtube, sind relevante Quellen, wenn die befragten Jugendlichen sich über gesellschaftlich relevante Themen informieren. Die Nutzung unterschiedlicher Online-Strukturen erfolgt dabei überwiegend rezeptiv, d.h. Informationen zu lesen, zu hören, zu sehen. Deutlich weniger Jugendliche verwenden die Online-Strukturen, um andere zu informieren, indem sie selbst Beiträge erstellen, Beiträge anderer kommentieren, bewerten oder weiterleiten. Insgesamt spielen jedoch soziale Netzwerkdienste für die Jugendlichen die größte Rolle, wenn es um Tätigkeiten geht, die über die Rezeption hinausgehen: Hier hat über die Hälfte schon einmal selbst themenbezogene Beiträge verfasst und zwei Fünftel haben solche Beiträge schon einmal kommentiert. Über ein Drittel hat dort einen Beitrag zum relevanten Thema schon einmal an andere weitergeleitet. Auch wenn es pauschal darum geht, andere zum Thema zu informieren, stehen soziale Netzwerkdienste ganz oben, gefolgt von der direkten interpersonalen Kommunikation (wie z.B. chatten).

Politisch bereits stark interessierte Jugendliche sind in allen Handlungsbereichen online deutlich aktiver als weniger interessierte Jugendliche. Eine Ausnahme stellt die rezeptive Nutzung von sozialen Netzwerkdiensten dar, die bei beiden Gruppen gleich stark ausfällt, was darauf verweist, dass diese Struktur potenziell eine zentrale Verweisstruktur darstellt, auf der politisch interessierte Jugendliche weniger interessierte erreichen können – sofern sie miteinander vernetzt sind.

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Abb. 1: Vergleich verschiedener informationsbezogener Aktivitäten (Angaben „Schon einmal gemacht“), Angaben in Prozent, N=1182

Engagement im Internet


Befragt nach den Formen ihrer Engagement-Tätigkeiten zeigt sich, dass sich die befragten Jugendlichen vor allem an solchen Formen beteiligen, die relativ wenig Eigeninitiative und Aktivität erfordern. So ist sich der mit Abstand größte Teil der Befragten online schon des Öfteren einer themen- oder aktionsbezogenen Gruppe beigetreten. Gut ein Viertel der Befragten beteiligt sich öfter an Diskussionen im Internet. Eine weitere Form relativ niedrigschwelligen Engagements bilden Aufrufe zu Aktionen innerhalb oder außerhalb des Internets.
Balkendiagramm
Abb.2: Engagementbezogene Aktivitäten Jugendlicher im Internet Angaben in Prozent (N = 666); dreistufige Abfrage






 

 

Charakterisierung des politik- und informationsbezogenen Medienhandelns


In der Studie wurden zudem vier verschiedene Handlungsmuster von Jugendlichen in Bezug auf ihren Umgang mit politischer Information differenziert:

Die ‚Rezeptionsorientierten‘bringen sich in ihrem sozialen Umfeld durchaus themenbezogen in Diskussionen ein und engagieren sich auch für bestimmte Themen, sie nutzen hierfür jedoch keine Medien. Auf Soziale Netzwerkdienstes greifen sie nur zur Organisation ihres Engagements zurück, nicht jedoch um sich mit Inhalten an eine irgendwie geartete Öffentlichkeit zu wenden.

Die ‚Austauschorientierten‘nutzen dagegen Medien – und hier in erster Linie soziale Netzwerkdienste –, um sich im Austausch mit dem erweiterten sozialen Umfeld auf Themenrelevantes aufmerksam zu machen, sich dadurch eine Meinung zu bilden und diese (zumindest teil-)öffentlich zu vertreten.

Die ‚Journalistisch Orientierten‘ lehnen Social Web-Angebote dagegen als Rahmen für die Platzierung ihrer Beiträge ab, wenn sie sie auch nutzen, um auf ihre Werke aufmerksam zu machen. Sie streben danach, andere durch eine professionelle Themenaufbereitung fundiert zu informieren und sind dabei zwar auch, jedoch nicht in erster Linie, thematisch motiviert.

Die ‚Zielgruppenorientierten‘ schließlich nutzen Medien systematisch, um andere von ihrer themenbezogenen Position zu überzeugen und wählen dabei diejenigen medialen Wege aus dem gesamten Spektrum, die ihnen in Hinblick auf die Adressaten am erfolgreichsten erscheinen.

Aktivierung zum politischen Engagement?


Für die Frage nach den Möglichkeiten zur Aktivierung von Jugendlichen für politische Themen und politisches Engagement erscheinen auf Basis der Ergebnisse folgende Merkpunkte wesentlich:

  • Soziale Netzwerkdienste bieten einen fließenden Übergang zwischen dem „Sich-informieren“ und dem „Sich-beteiligen“. Diese alltäglichen Medienhandlungsweisen der Jugendlichen sind in die Überlegungen zur Forcierung von Engagement und Beteiligung von Jugendlichen einzubeziehen, auch wenn sie sich zum überwiegenden Teil in kommerziell geprägten Medienstrukturen bewegen.
  • Um Jugendliche für politische Themen im weiteren Sinn zu begeistern, müssen diese einen engen Bezug zu ihrer Lebenswelt aufweisen. Je direkter die Auswirkung von Entscheidungen das Umfeld der Jugendlichen trifft, desto eher entstehen ein Interesse am Thema und ein weiterführendes Engagement.
  • Beteiligungsangebote sind daran zu messen, inwieweit Jugendliche sich ernst genommen fühlen und sie Resonanz auf ihre Meinungsäußerungen oder Aktivitäten erhalten. Dabei erscheint es wesentlich, Online-Aktivitäten und -Engagementformen eng mit weiteren Aktivitäten in den Sozialräumen der Jugendlichen zu verzahnen, damit die Jugendlichen sich als wirksam und wirkmächtig erfahren können.


Die komplette Stuie zu diesem Gastbeitrag ist im Jahr 2014 auch als Buch erschienen. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ein Interview mit Dr. Ulrike Wagner zur Studie auf Bayern5 können Sie hier hören



Autorin:


Dr. Ulrike Wagner

Dr. Ulrike Wagner ist Direktorin des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Schwerpunkte ihrer Forschungsarbeit sind Medienkonvergenz und medialer Wandel, Partizipation von Heranwachsenden in einer mediatisierten Gesellschaft, Sozialisation mit und über Medien, Kinder- und Jugendmedienforschung in sozial benachteiligten Milieus. 














Social Media im Bürgermeisterwahlkampf – Deal-Breaker oder Game-Changer?

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Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Mueller und Thomas Widenka. Beide gehörten dem Wahlkampfteam von Bürgermeister Marian Schreier (SPD) federführend an. Markus T. Mueller ist Student an der Universität Passau und Thomas Widenka an der LMU München. 

Bürgermeister Marian Schreier (SPD)
Am 01. März 2015 wurde Marian Schreier im Alter von 25 Jahren in der Stadt Tengen zum jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister Deutschlands gewählt. Anders als in Kommunalwahlkämpfen üblich, spielten Online-Kanäle in Schreiers Kampagne eine entscheidende Rolle. Sein Wahlergebnis von rund 71 Prozent zeigt: Auch im ländlichen Raum können Social Media zum Erfolgsrezept avancieren. Und so schrieb ZEIT Online zwei Tage nach Schreiers Wahl: „Wahlkampf kann der Junge“. Musste er auch, denn sein Alter, seine Parteizugehörigkeit (SPD) und nicht zuletzt die Tatsache, dass mit Robert Hein ein doppelt so alter, von der CDU unterstützter Politikberater bereits vier Wochen früher seinen Wahlkampf eröffnet hatte, sprachen im konservativen Süden Baden-Württembergs klar gegen ihn.


Strategische Überlegungen im Wahlkampf


Screenshot
Facebook-Seite Marian Schreier
Erstens, Reichweite generieren, aber wie? Schreier war gewissermaßen auf einen Online-Wahlkampf angewiesen, da er sich ohne Führerschein in einer Flächengemeinde mit neun Teilorten wiederfand. Das Problem: Wie so oft im ländlichen Raum fand auch in Tengen politische Kommunikation nicht online statt. Folglich musste Online-Reichweite zunächst offline generiert werden. Deshalb lud Schreier die Wählerinnen und Wähler bei klassischen Formaten wie Hausbesuchen oder seinen eigenen Wahlkampfveranstaltungen explizit ein, ihm auf seiner Facebook-Page zu folgen. Dadurch konnte mittelfristig ausreichend Reichweite gewonnen werden, um Inhalte auch über Social Media kommunizieren zu können.

Einladung zur U30-Veranstaltung via Facebook
Resonanz auf die U30-Veranstaltung
Zweitens, war es für die Kampagne entscheidend, junge Wählerinnen und Wähler über Facebook anzusprechen und diese Ansprache so zu gestalten, dass aus Zustimmung Unterstützung wird. So konnte eine Altersgruppe einbezogen werden, die sich über klassische Kanäle wie Mitteilungsblatt oder Stammtisch schlicht nicht erreichen lässt. Häufig spielt die Jugend in Bürgermeisterwahlkämpfen ohnehin keine Rolle, da sich viele Kandidaten von vornherein am Klischee der politikverdrossenen und mobilisierungsresistenten Jugend orientieren und dieser kleinen Wählergruppe (in Tengen ca. 10 Prozent der Wahlberechtigten) kaum Beachtung schenken. Schreiers Ansprache jedoch wurde zum echten Game-Changer. Er initiierte eine Facebook-Gruppe, die den jungen Tengenerinnen und Tengenern die Möglichkeit gab, direkt über Termin und Themen einer U30-Veranstaltung abzustimmen. So angesprochen, entwickelte sich unter den jungen Wählerinnen und Wählern eine Dynamik. Die Veranstaltung mit einer der am schwierigsten zu mobilisierenden Zielgruppe wurde zu der am besten besuchten Veranstaltung des Wahlkampfs. Innerhalb der Facebook-Gruppe begannen sich Unterstützer zu formieren. Im Gegensatz zu einem Facebook-Event wurde so aus der Gruppe eine veritable Mobilisierungsplattform.

Screenshot
Reichweite des Wahlkampftagesbuches
Drittens, wollte Schreier seine Reichweite (mittlerweile folgte ihm ca. ein Sechstel der wahlberechtigten Tengenerinnen und Tengener auf Facebook) für die Schlussmobilisierung nutzen. Kreiert wurde ein Online-Wahlkampftagebuch, welches den Wählerinnen und Wählern in Form eines Facebook-Fotoalbums präsentiert wurde. Ziel des Tagebuchs war es dabei, sowohl diejenigen Wählerinnen und Wähler nochmals zu aktivieren, welche den Wahlkampf bereits verfolgt hatten, als auch jene, welche bisher noch keine Berührungspunkte mit den Kandidaten hatten. Durch das niedrigschwellige Format eines Facebook-Fotoalbums konnte jeder
Tagebucheintrag als ein Foto aufbereitet und somit die unterschiedlichen Zielgruppen oder Ortsteile separat angesprochen werden.So war es möglich entweder das Tagebuch als Ganzes oder einzelne Einträge zu liken, zu teilen oder auf mobilen Endgeräten weiterzuverbreiten. Das Tagebuch konnte über die Facebook-Gruppe rasch in Umlauf gebracht werden und die Ankündigung des Tagebuchs auf der öffentlichen Kandidatenvorstellung sorgte zusätzlich für großes Interesse.

Einblck in das Online-Wahlkampftagebuch: Eintrag zum Themenkomplex Tourismus



Zum Wahltag hatte das Tagebuch innerhalb einer Woche fast 18.000 Post-Clicks und über 60 Shares erhalten sowie mehr als 1.000 Personen erreicht (Wahlberechtigte insgesamt: rund 3.500). Schließlich fand sich das Tagebuch nach der Wahl sogar im Studio der SWR-Landesschau wieder, als Schreier zusammen mit seinem Amtsvorgänger Helmut Groß zu Gast war.

Lessons learned


Durch die große Hebelwirkung der Social Media-Integration, wurde Facebook im Verlauf des Wahlkampfs zu einer festen Größe, die nun auch im Hinblick auf die beginnende Amtszeit eine Möglichkeit bietet, nachhaltig mit den Bürgerinnen und Bürgern in Dialog zu treten.

Nach diesen Erfahrungen lauten unsere Empfehlungen für den Einsatz von Social Media in der kommunalen Arena daher:
  • Langfristig denken, nicht mit der Tür ins (Social Media-)Haus fallen und nicht für sich allein stehend einsetzen. Die sinnvolle Kombination von offline und online Aktivitäten erhöht den Nutzen der Offline-Klassiker im kommunalen Bereich beträchtlich.
  • Sich der Zielgruppen bewusst werden und frühzeitig die multiplizierenden Gruppen erreichen.
  • Nachhaltige Formen der Kommunikation verwenden – eine Facebook-Gruppe ist möglicherweise länger als Kommunikationskanal geeignet (in beide Richtungen!), als eine Facebook-Veranstaltung.

Autoren


Markus Mueller
Markus Mueller war Mitglied des Wahlkampfteams von Marian Schreier. Dort war er u.a. verantwortlich für die Social-Media-Kampagne.  Er studiert Governance and Public Policy im Master an der Universität Passau. 
Twitter: @ma_mu_te





 

 
Thomas Widenka

Thomas Widenka war Mitglied des Wahlkampfteams von Marian Schreier. Dort war er u.a. für Grafik und Text verantwortlich.  Er studiert Politikwissenschaft im Master an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Twitter: @tomwepunkt








Die jugendzentrierte Online-Kommunikation im österreichischen Europawahlkampf

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Dies ist ein Gastbeitrag von Mag. Stefan Brunnthaler. Er ist Absolvent der Universität Wien und beim Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes tätig. Der Text stellt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse aus seiner Magisterarbeit"Die jugendzentrierte Online-Kommunikation der österreichischen Parteien im Europawahlkampf 2014" dar.

Logo der Universität Wien
Die österreichische Politik, vor allem die beiden ehemals großen Volksparteien SPÖ (Sozialdemokratische Partei Östereichs) und ÖVP (Österreichische Volkspartei), stellt die Kommunikation mit Jugendlichen seit Jahren vor immer größere Probleme. Mit der Etablierung des Internets in den letzten 15 bis 20 Jahren haben sich hierfür viele neue zusätzliche Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen eröffnet.

Bei der Europawahl 2014 konnten vor allem die Grünen bei der jungen WählerInnenschicht (16-29 Jahre) reüssieren, sie erreichten 26 % der Stimmen, gefolgt von FPÖ (23 %), SPÖ (19 %), sowie ÖVP und NEOS mit jeweils 15 %. Dieser Erfolg war für die Grünen maßgeblich für das Erreichen des dritten Mandats zum Europaparlament, in keiner anderen Altersgruppe konnte sie ein annähernd hohes Ergebnis erreichen (Gesamt 14,5 %).1 Auch bei FPÖ und NEOS war das Ergebnis der Europawahl (sowie der Nationalratswahl 2013) vor allem durch die guten Ergebnisse im jungen WählerInnensegment bedingt.

Im Rahmen einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde untersucht, in welchem Ausmaß und in welcher Form die politischen AkteurInnen im Wahlkampf zur Europawahl 2014 jugendzentrierte Online-Kommunikation einsetzten. Jugendzentrierte Kommunikation beschreibt dabei jene Kommunikation, welche sich direkt an junge Menschen richtet, von diesen handelt oder um diese herum aufgebaut ist. Als junge Menschen/Jugend/Jugendliche/JungwählerInnen wurden alle wahlberechtigten Menschen im Alter zwischen 16 und 20 Jahren definiert. Grundlage für diese Definition war die übliche Alterseinteilung der wichtigsten politischen Umfrageinstitute (16-29 Jahre), wobei die obere Altersgrenze von 29 auf 20 Jahre herabgesetzt wurde, da der Fokus der Arbeit vor allem auf dem ersten Drittel des Altersspektrums lag.
In Folge der Analyse wurden die primären Online-Kanäle der zur Europawahl 2014 antretenden österreichischen Parteien, ihrer Top 4-KandidatInnen und ihrer Jugendorganisationen in den letzten vier Wochen vor dem Wahltermin untersucht. Insgesamt wurden 38 Websites, 45 Facebook-Seiten und 36 Twitter-Kanäle analysiert. 

Jugendorganisationen dominieren, werden aber kaum eingebunden.

 

 


Tortendiagramm
Abb 1: Anteil der jugendzentrierte Kommunikation der Parteien
Im vierwöchigen Untersuchungszeitraum konnten insgesamt 815 Wahlkampf-Beiträge mit jugendzentrierter Online-Kommunikation gefunden werden. Knapp mehr als die Hälfte davon stammt von Kanälen der beiden Regierungsparteien ÖVP und SPÖ. 

Analysiert man die Beiträge auf Ebene der Organisationseinheiten, erkennt man, dass der Großteil der jugendzentrierten Online-Kommunikation, wenig überraschend, auf das Konto der jeweiligen Jugendorganisationen ging. Filtert man diese nun aus der Statistik ergibt sich ein anderes Bild als oben. (Abbildung 2)



Balkendiagramm
Abb 2: Anteil Absender jugendzentrierter Kommunikation
Trotz ihrer großen Aktivität wurden die Inhalte der Jugendorganisationen nur marginal für die Online-Kommunikation von Parteien und KandidatInnen genutzt. Nur 14 der 196 auf Facebook- und Twitter-Kanälen geteilten Beiträge stammten von Pages der jeweiligen Jugendorganisationen. Auch die von den Jugendorganisationen teilweise eigens für den Wahlkampf kreierten Hashtags (z.B. #jungeseuropa der Jungen Volkspartei) wurden kaum von Parteien und KandidatInnen übernommen.


Klassische Websites irrelevant, Wahlkampf ist Wahlkampfthema Nummer 1


Bei der Auswahl der Online-Kanäle für die jugendzentrierte Online-Kommunikation wird klar, dass sich die Web 2.0-Kanäle Facebook und Twitter klar gegenüber klassischen Webauftritten durchgesetzt haben. Hier scheint der Sprung in die sozialen Medien, mit Abstrichen bei der Nutzung der integrativen Funktionalitäten (siehe oben), bereits gelungen zu sein.

Balkendiagramm
Abb.3: Genutzte Kanäle der jugendzentrierten Online-Kommunikation der Parteien


Die Thematisierung von Inhalten lässt eine klare Konzentration auf Meta-Themen des Wahlkampfes, also auf die Beschreibung von Wahlkampfauftritten und -terminen, Interviews und sonstige den Wahlkampf an sich betreffende Inhalten, erkennen. Diese werden von allen Parteien, mit Ausnahme der Grünen, bei der Ansprache von jungen Menschen mehrheitlich behandelt.

Modernes politisches Kommunikationsmanagement LIGHT

 

 

Abb.4: Anteil des soziodemographischen Zielgruppenzuschnitts
Abb 5: Anteil Personalisierung
Im Rahmen der Inhaltsanalyse wurde auch untersucht inwieweit in der jugendzentrierten Online-Kommunikation Instrumente des modernen politischen Kommunikationsmanagements, wie Personalisierung und soziodemographischer Zielgruppenzuschnitt, eingesetzt wurden. Beide fanden nur geringen bis mittelmäßigen Eingang in die Beiträge der politischen AkteurInnen. Das Instrument der Personalisierung von Beiträgen auf die jeweiligen SpitzenkandidatInnen war hierbei noch verbreiteter als jenes des soziodemographischen Zielgruppenzuschnitts. 



Ausnahmeerscheinung NEOS


Die NEOS zeigten mitunter wie die Ansprache von JungwählerInnen im Web funktionieren kann. Im Unterschied zu den anderen Parteien lief die jugendzentrierte Online-Kommunikation bei ihnen nicht nur im Bereich von Nebensätzen oder wenigen Sekunden in Videoclips ab. Die Jugend und ihre Themen (hier vor allem Erasmus) waren ein erkennbarer, essentieller Teil der Online-Kommunikation. Diese Feststellung wird unter anderem dadurch untermauert, dass die jugendzentrierte Kommunikation nicht zum größten Teil der Jugendorganisation überlassen wurde. Sie war auf Bundespartei, KandidatInnen und Jugendorganisation gleichermaßen aufgeteilt, sogar in größerem Maße auf die beiden erstgenannten. Ein Faktor war hierbei mit Sicherheit auch der erst 25-jährige NEOS-Kandidat auf Listenplatz 2, Stefan Windberger. Auch Hashtags mit Jugendansprache (#jungenachbrüssel, #144heurope) wurde gleichermaßen bei Bundespartei, KandidatInnen und Jugendorganisation gefunden.

Fazit


Die Wichtigkeit, die Zielgruppe der JungwählerInnen in der Online-Kommunikation mit spezifischen Informationen und Inhalten zu versorgen, scheint weiterhin noch nicht ganz auf der Agenda der politischen AkteurInnen angekommen zu sein. Dabei hätte gerade der Europawahlkampf 2014 in Zeiten zunehmender Jugendarbeitslosigkeit und damit einhergehender Verunsicherung der jungen Generation eine Vielzahl an Anknüpfungs- und Angriffspunkten für die wahlwerbenden Akteurinnen und Akteure liefern können.

Den Jugendwahlkampf zum größten Teil den jeweiligen Jugendorganisationen zu überlassen ist auf der einen Seite durchaus nachvollziehbar: Sie sitzen quasi direkt an der Quelle, wissen um aktuelle Problemfelder und Themenschwerpunkte der Jugend Bescheid und können „lockerer“ und auf derselben Ebene mit der Zielgruppe kommunizieren. Jedoch sollten die Jugendorganisationen stärker in die Kommunikation der anderen Organisationseinheiten integriert werden.

Natürlich ist eine spezifische strategische Kommunikation mit JungwählerInnen keine Garantie für Wahlerfolge in dieser WählerInnengruppe. Hierfür sind noch andere Aspekte von Bedeutung, wie ein jugendliches Image, passende KandidatInnen und ein auf junge Menschen abgestimmtes politisches Programm. Eine gezielte jugendzentrierte Online-Kommunikation kann jedoch dabei helfen, einen Imagewandel herbeizuführen und die passenden KandidatInnen dabei unterstützen, die abgestimmten Programminhalte an die richtige WählerInnengruppe zu bringen. Dafür braucht es aber einen prinzipiellen Wandel in der politischen Kommunikation: Weg von der Feststellung „Wir erreichen die jungen Menschen über unsere Online-Kanäle!“, hin zu der Frage „Wie erreichen wir junge Menschen über Online-Kanäle?“


1 SORA/Institut für Strategieanalysen: Wahltagsbefragung und Wählerstromanalyse. Europawahl 2014. In: http://www.sora.at/fileadmin/downloads/wahlen/2014_EU-Wahl_Wahltagsbefragung-Grafiken.pdf (2.5.2015)


Autor 

Stefan Brunnthaler
Mag. Stefan Brunnthaler studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien. Er ist beruflich im Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes tätig, mit Schwerpunkt auf Online-Marketing, Social Media und politische Kommunikation. Er absolviert derzeit den postgradualen Masterlehrgang "Public Communication" (Schwerpunkt Public Affairs) am Insitut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften in Wien.

Der Text stellt eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse aus seiner Magisterarbeit "Die jugendzentrierte Online-Kommunikation der österreichischen Parteien im Europawahlkampf 2014" dar.



Fußball, Fantum und politische Kommunikation

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Dies ist ein Gastbeitrag von Daniel Florian. Er ist Leiter des Berliner Standortes einer Agentur für Public-Affairs und politische Kommunikation. Er bloggt unter www.danielflorian.de.

Quelle: @alexzirkel
Logo Campaigning Summit 2015 (Quelle @alexzirkel)
Personalisierte Kampagnen sind der wichtigste Trend des Campaigning Summit Berlin, der Ende Mai über 250 Kampagnenmacher im Umspannwerk am Alexanderplatz zusammenbrachte. Auf der WWF-Kampagnenseite #iamnature zum Beispiel können Nutzer durch die Beantwortung von drei kurzen Fragen personalisierte Handlungsempfehlungen für eine bewusstere und gesündere Lebensweise bekommen. Und Craig Elder (@craigelder), Digital Director der Konservativen in Großbritannien, berichtete von einem interaktiven Tool, mit dem die Tories es den Besuchern ihrer Webseite während des Wahlkampfesermöglichten zu errechnen, wie viel Geld sie durch die Steuerreform der Konservativen in der letzten Legislaturperiode sparen konnten. Politik wird so auf Heller und Pfennig erlebbar gemacht.

Konzerne haben Kunden, Fußballvereine haben Fans


Gerade politische Kampagnenmacher dürften aber auch die Präsentation von Dennis Thom, Marketingleiter von Borussia Dortmund (BVB), mit Interesse verfolgt haben. Marken haben Kunden, die mit der Zeit hoffentlich Fans werden, so Thom in seinem unterhaltsamen Vortrag. Fußballvereine wie der BVB hingegen haben zunächst einmal Fans, die vielleicht auch Kunden werden.
 
Diese Analogie trifft auch auf politische Parteien zu, deren Sympathisanten in der Regel ebenfalls nicht wegen einer Kosten-/Nutzenkalkulation zu Wählern der Partei werden, sondern deren Unterstützung auf einer viel tieferen Affinität zu den Werten und Idealen der Partei beruht. Allerdings können diese Unterstützer nicht zu jeder Wahl gleichermaßen aktiviert werden.

Der BVB hat in einem umfassenden Branding-Prozess versucht, seine Marke auf der Grundlage von vier Prinzipien zu entwickeln und zu stärken:

    • Intensität führt zu einer unvergleichlichen fußballerischen Atmosphäre;
    • Authentizität fördert das Vertrauen und die Unterstützung der Fans; 
    • Die Bindekraft des Vereins macht ihn zur fußballerischen Heimat einer großen Anzahl von Menschen und
    • Ambition sorgt für das Erreichen sportlicher Ziele und andauernden Erfolg.

    Als politische Kampagnen sich in der Mitte der 1990er Jahre auch in Deutschland professionalisierten, nahmen sich viele Kampagnenmacher die großen Konsumgütermarken mit ihrer Heerschar treuer Kunden zum Vorbild. Das Ergebnis dieses Prozesses sind Parteien, die sich nur noch durch wenig aussagekräftige Claims ("jetzt noch weißer!") von ihren Wettbewerbern unterscheiden.

    Was Parteien von Fußballvereinen lernen können


    Authentizität, Bindekraft oder Intensität sind heute keine Eigenschaften, die mit den großen Volksparteien assoziiert werden (eher noch bei den Grünen oder der Linken). Bei der CDU wird diese Schwäche durch die nach wie vor große Beliebtheit der Bundeskanzlerin noch kaschiert, aber auch hier leidet die Bindekraft der Partei und führte schließlich zur Gründung der AfD.


    Potentielle Wähler nicht als Kunden, sondern als Fans zu sehen eröffnet den Parteien einen neuen Blickwinkel auf den Wahlkampf und eine effektive Mobilisierung ihrer Unterstützer. Fußballvereine sind aus dieser Perspektive möglicherweise die besseren "Benchmarks" als Konsumgüterkonzerne.

    Augenzeugenberichten zufolge sollen Unionsvertreter noch während des Campaigning Summits Kontakt zu Thom aufgenommen - ich bin gespannt, wann Fußball-Marketeers die ersten Seminare im Konrad-Adenauer-Haus geben ...

    Zusatz: Mit der Frage "Wenn die Politik wie der Sport wäre...." hat sich aktuell auch die Politikwissenschaftlerin Jessica Kunert auseinandergesetzt.

    Autor

    Daniel Florian leitet den Berliner Standort einer Agentur für Public Affairs und politische Kommunikation. Schwerpunktmäßig befasst er sich mit den Themen Public Diplomacy sowie IT- und Netzpolitik. Im Netz ist er am liebsten auf Twitter unterwegs (@d_florian) und betreibt einen eigenen Blog.








    »Mut zum Kontrollverlust« - Wie DIE LINKE Facebook nutzt

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    Dies ist ein Gastbeitrag von Julia Marg und Mark Seibert. Julia Marg ist Social-Media-Managerin der Partei DIE LINKE und Mark Seibert ist Berater für Online-Kampagnen bei DIG/Plus, zuvor war er jahrelang für die Online-Kommunikation der Partei DIE LINKE zuständig. 

    Logo DIE LINKE.
    Was ist, wenn Nazis Beiträge kommentieren? Was ist, wenn wir von Facebook-Userinnen und -Usern kritisiert werden – kann das dann jeder lesen? Solche und andere Befürchtungen wurden in den Gremiensitzungen der LINKEN immer wieder laut. »Mut zum Kontrollverlust« war deswegen die Überschrift, mit der das Internet-Team der LINKEN im Wahljahr 2009 die Online-Aktivitäten der Partei zusammenfasste.

    Quelle Pluragraph.de
    Entwicklung Facebook-Fans DIE LINKE seit 2011
    Das redaktionelle Konzept hinter der Facebook-Seite ist bis heute in seinen wesentlichen Eckpunkten unverändert und bildet die Grundlage dafür, dass DIE LINKE als erste der Bundestagsparteien mehr als 100.000 Fans bei Facebook erreichte.

    Das Konzept übersetzte die »Offline«-Wahlstrategie der LINKEN ins Digitale – und passte völlig unbeabsichtigt perfekt für Facebook: Eine dialogorientierte Kommunikationshaltung, die permanente Einladung, am Aufbau der neuen Partei mitzuwirken und eine aufklärerische,authentische, unmittelbare Informationspolitik, die Facebook vor anderen Kanälen privilegierte.

    DIE LINKE begann 2009 damit, von Veranstaltungen sowie zu politischen Ereignissen und Diskussionen live zu berichten. Kommentierungen, O-Töne, Fotos und Videos wurden in einer zentralen Redaktion hergestellt, die eigentlich für die gedruckten Medien zuständig war.

    Screenshot
    Titelbild der Facebookseite DIE LINKE
    Die Facebook-Seite bekam schnell konkreten Nutzwert: Ein LINKER konnte jetzt am politischen Geschehen seiner Partei teilhaben, selbst wenn er im katholisch-konservativsten Winkel Oberbayerns der einzige Rote im Umkreis von 30 Kilometern war. In jedem Wahlkampf feiern sich die Anhänger der LINKEN selbst, wenn sie es geschafft haben, Petitionen, TV- und Online-Umfragen zugunsten der LINKEN auf Facebook hochzujazzen. Die Roten auf Facebook sind nicht nur Fans, sondern im besten Sinn eine Community. Dadurch wuchs die Interaktion mit der Seite und ihren Inhalten. Für die diskussionsfreudigsten aller Parteigänger – so eine DLD-Studie aus dem Jahr 2010 (Seite 40) – lieferte die Parteizentrale Futter: Im Online-Team war die Parole ausgegeben, jede Frage binnen sechs Stunden zu beantworten. Die Redaktion produzierte Sharepics – und das zu einer Zeit, als es das Wort Sharepic noch nicht gab.

    Zusätzlich wurden die Grenzen des organischen Wachstums mit cleveren Anzeigenkampagnenüberschritten, so dass zur vergangenen Europawahl binnen fünf Wochen mehr als 25.000 neue Fans gezählt werden konnten.

    Beispiel für Beitragsreichweiten eines Facebook-Postings


    Rein instinktiv wurde so einiges richtig gemacht: Dialog auf Augenhöhe, authentische Informationspolitik, Beteiligung und konkreter Nutzen. Während Facebook-Seiten in der Regel zwischen acht und 15 Prozent ihrer Fans mit einem Beitrag organisch – also ohne Anzeigenschaltung – erreichen, sind es bei der LINKEN zwischen 70 und 130 Prozent. Das und 100.000 Fans ist das Ergebnis des Konzepts, seiner beharrlichen Umsetzung und der liebevollen bis detailversessenen alltäglichen Betreuung der Seite.

    Hier einige Reaktionen zu einem Beitrag zur Unterstützung des Bahnstreikes:

    Seit 2009 hat DIE LINKE eine volle Stelle für die Betreuung der Sozialen Medien, die Stundenweise von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt wird. Gemeinsam wird mit Mut zur Lücke und zur Zuspitzung - immer mobilisierend, mal humorvoll, mal ernst, mal informierend - auf Facebook agiert.

    Das Internet schläft nie und von 100.000 Fans ist immer jemand wach. Schläft das Online-Team der LINKEN dann auch nicht? Wie funktioniert das mit wenigen Ressourcen? Unserer Erfahrung nach mit Planung, Eigenverantwortung, Vernetzung, Knowhow teilen und Teamarbeit. 

    Grundlage für das Tagesgeschäft ist ein Redaktionsplan, der monatlich im Vorfeld erstellt wird. Dort werden alle wichtigen Termine festgehalten und eingetragen, wann welcher Beitrag geplant ist und wer die Verantwortung hat. Dieser Plan ist kein Geheimnis. Er wird diskutiert, ergänzt, verworfen und manchmal neu geschrieben. Außerdem können hier bewusst Freiräume eingeplant werden, um tagesaktuell reagieren zu können. Dabei ist Schnelligkeit gefragt. Das funktioniert nur – gerade am Wochenende – wenn die Redakteurinnen und Redakteure Entscheidungsfreiheit besitzen. Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist dabei eine grundlegende Voraussetzung. Bürokratie und Social Media vertragen sich nicht, denn Beiträge können nicht immer bis ins Detail abgesprochen werden.

    Klar ist aber auch: Eine solche Planung kann immer nur als Orientierung dienen, sie ist nicht in Stein gemeißelt. Aber sie macht die Planung transparent, hilft, alle wichtigen Aktivitäten im Blick zu behalten und ermöglicht erst eine Arbeit im Team. Und wir arbeiten im Team: Die Betreuung der LINKEN-Facebookseite ist nur in Schichten zu bewältigen. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen anderen Arbeitsschwerpunkt haben, unterstützen die Social-Media-Redaktion an Wochenenden und im Urlaubsfall. Zu großen Events wie Parteitagen oder Konferenzen wird ein Team von Ehrenamtlichen zusammengestellt. Solange die Veranstaltung läuft beantworten wir Fragen, halten die Fans auf dem Laufenden und diskutieren mit. Aber auch wir müssen mal schlafen. Nach 20.00 Uhr gibt es für niemanden im Team mehr die Pflicht zu reagieren. 

    Auch für die tägliche Arbeit setzen wir auf das Wissen in der LINKEN-Community. Durch regelmäßigen Mailverkehr, aber auch durch direkten Kontakt findet ein Austausch statt. Frei nach der Devise: Warum sollen gute Ideen im Verborgenen bleiben? So verbessert man die Qualität, bleibt auf dem Laufenden, erhöht die Reichweite und spart auch Ressourcen.

    Unser Erfolg ist also kein Geheimnis. Habt Mut zum Kontrollverlust – aber mit Plan und viel Leidenschaft.

    Autoren:

    Social-Media-Managerin DIE LINKE
    Julia Marg
    Julia Margist Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin und arbeitet als Campaignerin und Social-Media-Managerin in der Bundesgeschäftsstelle der Partei DIE LINKE. Dort betreut sie alle offiziellen Kanäle der Bundespartei und erarbeitet die Kommunikationskonzepte für die Präsenz der Partei in den Sozialen Netzwerken.


    Mark Seibert
    Mark Seibertist Ossi mit hessischem Migrationshintergrund. Von 2008 bis 2013 war er in der Bundesgeschäftsstelle der Partei  DIE LINKE für die Online-Kommunikation verantwortlich. Seit 2014 konzipiert und realisiert er für die Agentur DiG/Plus in Berlin Online-Kampagnen – unter anderem für DIE LINKE. 








    #followerpower in der Politik – Wie man die eigenen Fans & Follower mobilisiert

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    Logo "politik & kommunikation"
    Ein Blog goes Papier. Im Magazin "politik & kommunikation" gibts meine Postings auch als Kolumne und auf Totholz. Der Schwerpunkt der zweiten Ausgabe 2015 ist "Macht". Meine Kolumne zum Thema #followerpower - Wie die Politik die "Macht" des Schwarms nutzen kann.

    Hier das Cross-Posting dieser Kolumne. 

    Welcher Politiker kennt das nicht. Wenige Monate vor der Wahl hofft man darauf, dass sich wieder ein paar ehrenamtliche Kräfte aus der Partei, engagierte Jungpolitiker oder sogar die eigene Familie motivieren lassen, um im Wahlkampf tatkräftig mitzudenken und vor allem anzufassen. Spätestens jetzt merkt mancher: Mein Team ist kleiner, als ich dachte.Oft liegt das daran, dass man Sympathisanten zu wenig an sich gebunden hat.

    Samuel Fink
    Klassisches Wahlkampfteam (Quelle: Samuel Fink)
    Ehrenamtler dauerhaft für sich und die politische Arbeit zu begeistern – besonders jetzt, wo sich viele ohnehin nicht mehr an eine Partei binden mögen – ist keine einfache Aufgabe. Dabei bilden aktive Unterstützer und Sympathisanten die Machtbasis im Wahlkreis – off- wie online. Soziale Netzwerke können helfen, diesen Kreis aufzubauen, zu organisieren, dauerhaft an sich zu binden und sogar im richtigen Moment für sich zu mobilisieren Aus meiner Sicht ist die kontinuierliche Unterstützung im politischen Alltag zudem wertvoller, als ein paar helfende Hände kurz vor der Wahl.

    Dialog ist alles


    Screenshot Facebook-Frage
    Best Practice Dialog Dr. Peter Tauber (CDU)
    Langsam setzt sich auch in der Politik die eigentliche Idee hinter Social Media durch: Es geht nicht vor allem darum, Informationen zu senden, sondern darum, niedrigschwellig Dialoge zu führen, erreichbar zu sein und Feedback aktiv einzufordern. Darin liegt meines Erachtens das größte Potential für die politische Arbeit. Hierfür müssen Politiker aber bereit sein, sich auch öffentlich kritisieren zu lassen, Machtverlust hinzunehmen und Zeit für den Austausch zu reservieren. Wer dazu weder Lust noch Motivation hat, der kann auf #followerpower nicht zurückgreifen. Dem würde ich von der Nutzung sozialer Netzwerke sogar abraten. 

    Das Hashtag


    Gefühlt gehört #followerpower zu den ersten und verbreitetesten Hashtags bei Twitter. Dahinter steckt die Idee, dass man die Schwarmintelligenz seiner eigenen Follower und der gesamten Twitter-Community nutzt. Dafür fügt man einem Tweet das Hashtag #followerpower hinzu. Das zeigt den Lesern, dass man um Unterstützung bittet, zudem motiviert es so, sein Feedback zu äußern, direkt und unkompliziert, ohne inhaltliche oder formelle Schranken.

    Politiker können alles erfragen, was sie der Twitter-Gemeinde zutrauen: Ideen, konkrete Beispiele oder Best Practice, Studien oder Experten, Probleme aus dem Wahlkreis, Feedback zu aktuellen Diskussionen, alte Zitate von Philosophen oder politischen Gegnern, spannende Veranstaltungen, Restaurants, Ansprechpartner in einer fremden Stadt, technische Fragestellungen und natürlich auch Hilfe beim Ausbau der Community, in der Art: 
    „Nur noch 3 Follower bis 3333, wer macht die Schnapszahl voll? #followerpower“. 
    Mittlerweile haben sich Hashtags allgemein und auch #followerpower in allen anderen dialogorientieren Netzwerken etabliert, bei Facebook etwa, Instagram oder Google+. Am besten funktioniert diese Art der digitalen Wissensvermehrung und Meinungsbildung aber weiterhin bei Twitter.

    #followerpower-Tweet Malte Spitz (Grüne)
    Auch wenn die genutzten Netzwerke immer nur ein Ausschnitt aus der Gesellschaft darstellen, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man mit seiner Frage mindestens einen Experten genau zum  Thema erreicht. Und jeder, der schon einmal von #followerpower profitiert hat, wird gerne mit Sachverstand weiterhelfen.

    Wenn Politiker auf #followerpower setzen bedeutet das aber auch: Sie sollten selbst offen sein, zu antworten. Damit werden sie sicher viele positiv überraschen, denn kaum ein Bürger erwartet eine Antwort von einem Politiker. Zudem erreicht er so eine perfekte Zielgruppe: Nutzer, die sich gerade mit seinen Themen auseinandersetzen.

    Followerpower ist die kleine Schwester der klassischen Meinungsumfrage. Schneller und kostengünstiger als auf Twitter können Politiker sich nirgendwo sonst eine Meinung zu aktuellen Diskussionen und Positionen einholen. Oftmals entscheidet im politischen Alltag ja neben dem Sachverstand auch das Bauchgefühl; die eigene Crowd (Followerschaft) hilft, Argumente zu testen und ein Gefühl für Stimmungen und Meinungen zu erhalten.
       

    Best Practice in Schwaben


    Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer lebt bereits #followerpower. Innerhalb von wenigen Tagen befragte das grüne Stadtoberhaupt seine Bürger zu so unterschiedlichen Themen wie: Wie findet Ihr Sexismus? Gibt es zu wenige rauchfreie Kneipen in Tübingen? Wollen Deutsche weg vom Auto? Wie gefallen euch die neuen Graffitis?

    Screenshot Facebook
    #followerpower bei Boris Palmer (Grüne)
    Fast zu jeder Frage gab es unzählige Kommentare, Argumente und Gegenargumenteoft sehr konstruktiv. Am Ende jeder Diskussion hatte der Oberbürgermeister somit ein klareres Bild zu den Fragen, die ihn bewegen. Und er erreichte noch etwas: Durch die Beteiligung der Bürger wurden die Postings durch Likes, Shares und Kommentare in die Timelines der Freunde seiner Facebook-Freunde getragen. So erfuhren auch jene Bürger von seinen Fragen, die gar nicht mit Boris Palmer befreundet sind und die sich auch nicht mit Politik beschäftigen wollen. Gut möglich, dass sie sich so trotzdem eine Meinung bildeten und sich an der Diskussion beteiligten. Damit steigert Palmer mit seinen Fragen auch das Interesse an Kommunalpolitik und bindet mit dem ehrlichen und offenen Interesse die Bürger direkt an sich.

    Diese Community hilft ihm nicht nur im Wahlkampf, sondern auch bei aktuellen Debatten: Durch das aufgebaute Vertrauen und die persönliche Nähe kann er seine Facebook-Freunde bei öffentlichen Debatten schnell und zielgerichtet mobilisieren, damit sie sich in seinem Sinne einsetzen – als Leserbriefschreiber, Kommentator, bei Bürgerbeteiligungsformaten oder im persönlichen Gespräch mit dem Nachbarn. Ein unschätzbarer Wert.

    Eine langfristige aufgebaute und gepflegte digitale Community ist in meinen Augen wichtiger als ein paar Freiwillige, die im Wahlkampf Plakate aufhängen. Denn kontinuierlich eingebundene, ernst genommene und überzeugte Bürger überzeugen wiederum andere Bürger – stärker als es jedes Plakat kann.

    Leben Sie #followerpower und hören Sie in Ihre Community hinein. Ihr Horizont wird breiter, ihr Wissen wird größer, sie sparen Zeit und Geld und am Ende der Legislatur haben sie auch noch viele Menschen mit wenig Aufwand direkt erreicht. Es lohnt sich!


    Wie sehen Sie das? #followerpower 


    Regierungskommunikation online: Zwischen Rechtsvorgaben und Rechtsverstößen

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    Dies ist ein Gastbeitrag von Marina Aschkenasi. Die Ausführungen sind Auszüge aus ihrer an der Freien Universität Berlin verfassten Masterarbeitmit dem Titel „Regierungskommunikation online. Die Öffentlichkeitsarbeit des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung im Internet unter demokratietheoretischen, rechtlichen und strukturellen Aspekten“. In der empirischen Studie wurde das Kommunikationsangebot des Bundespresseamtes im Internet inhaltsanalytisch untersucht.

    Abb. 1 Logo der Freien Universität Berlin

    Mit der rasanten Verbreitung des Internets eröffnen sich für die Bundesregierung neue Möglichkeiten, das neue Medium als Instrument für die Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen. So betreibt das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA), das als zentrale Institution für Regierungskommunikation gilt, mehrere Internetseiten wie etwa www.bundesregierung.de, www.bundeskanzlerin.de oder den YouTube-Kanal der Bundesregierung. Regierungssprecher Steffen Seibert zwitschert die Regierungspolitik sogar über einen eigenen Twitter-Kanal, die Bundesregierung präsentiert sich und kommuniziert mit Bürgern neuerdings auch auf Facebook. 

    Was dabei rechtlich erlaubt ist und wo die Grenzen liegen, ist jedoch bisher ungeklärt. Denn obgleich Regierungskommunikation in Deutschland im internationalen Vergleich stark reguliert ist, stehen rechtliche Vorgaben speziell für die Onlinekommunikation bisher noch aus. Um die Zulässigkeit von Regierungskommunikation im Internet beurteilen zu können, muss also auf rechtliche Vorgaben zurückgegriffen werden, die allgemein für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung gelten.

    Screenshot

    Abb. 2 Ausschnitt der zentralen Internetseite der Bundesregierung im Internet, www.bundesregierung.de

      

    Rechtliche Vorgaben durch das Bundesverfassungsgericht 


    Wichtige Rechtsquellen für die Regierungskommunikation sind neben dem Grundgesetz die als richtungweisend geltenden Einzelfallentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, hier allen voran das Urteil vom 2. März 1977. Diese zeigen, welchen Pflichten, aber auch Einschränkungen, Regierungskommunikation unterliegt. 

    Die Analyse der Urteile hat gezeigt,dass die Bundesregierung eine Informationspflicht hat und angehalten ist, aktiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Dabei soll sie über eigene Maßnahmen und Vorhaben informieren, den Bürgern aber auch in sämtlichen anderen Lebensbereichen relevante Informationen zur Verfügung stellen. Inhaltlich muss die Information richtig, sachlich, neutral und bei heiklen Themen zurückhaltend formuliert sein. Der informative Gehalt einer Veröffentlichung darf keinesfalls hinter die werbliche Aufmachung treten.

    Auch ist es unerwünscht, Regierungsmitglieder in den Vordergrund, vor die neutrale Information zu stellen und so um Sympathie für diese zu werben. Damit verbunden ist auch das Gebot der parteipolitischen Neutralität, demgemäß die Regierung nicht als von bestimmten Parteien getragen dargestellt und über die Opposition nicht herabsetzend geäußert werden darf. Die Bundesregierung darf auch nicht um Wiederwahl der regierenden Parteien werben.

    Für die Öffentlichkeitsarbeit in der Vorwahlzeit hat das Bundesverfassungsgericht spezielle Beschränkungen festgelegt. Hier gilt, dass alle beschriebenen Vorgaben, wie etwa die parteipolitische Neutralität, im besonderen Maße zu beachten sind und die Veröffentlichung von Erfolgsberichten untersagt ist. Lediglich akute, neutral gehaltene Veröffentlichungen sind gestattet.


    Empirische Untersuchung


    Um zu prüfen, ob rechtliche Vorgaben an Regierungskommunikation eingehalten werden, wurde eine quantitative Inhaltsanalyse von Text- und Videobeiträgen durchgeführt, die im Rahmen von aktueller Öffentlichkeitsarbeit auf www.bundesregierung.de veröffentlicht werden.

    Als ersten Erhebungszeitraum wurden zwei Wochen vor der Bundestagswahl 2013 gewählt (1.9.2013-14.9.2013). Hierdurch konnte die Öffentlichkeitsarbeit in der Vorwahlzeit analysiert werden. Als zweiten Erhebungszeitraum wurden zwei Wochen im Jahr 2014 (1.11.2014-14.11.2014) gewählt, da die Beiträge in dieser Periode außerhalb der Vorwahlzeit veröffentlicht wurden und so mit den Beiträgen aus dem ersten Erhebungszeitraum verglichen werden konnten. Das Sample umfasste 446 Beiträge, von denen 145 im ersten Untersuchungszeitraum und 301 im zweiten Untersuchungszeitraum veröffentlicht wurden.

    Balkendiagramm

    Abb. 3 Untersuchte Beiträge aus 2013 (n=145) und aus 2014 (n=301)





    Ergebnisse


    Die Ergebnisse zeigen, dass die Bundesregierung im Internet ihrer Informationspflicht umfassend nachkommt. 29,2 Prozent der untersuchten Beiträge informierten über ein konkretes politisches Ereignis und 28,0 Prozent über aktuelle politische Vorhaben und Maßnahmen. 10,1 Prozent der Beiträge waren Hintergrundbeiträge zu politischen Themen und in 10,6 Prozent der Beiträge wurde die Aufgabe erfüllt, Informationen über Lebensbereiche der Bürger außerhalb der Politik zur Verfügung zu stellen.

    Tortendiagramm
    Abb. 4 Hauptfunktion der untersuchten Beiträge in Anteilen (n=446)

    Weiterhin wurde überprüft, ob der sprachliche Stil in den Beiträgen sachlich ist. Als Verstoß gelten hier eine nicht neutral gehaltene Sprache oder unangebrachte, bei heiklen Themen nicht zurückhaltende Äußerungen. In 446 Beiträgen kam lediglich eine einzige unsachliche Äußerung vor. Auch wurde überprüft, ob eine reklamehafte Aufmachung regierungsamtliche Information überlagert. Hierfür wurde ermittelt, wie groß der Bildanteil innerhalb der Textbeiträge ist. 


    Abb. 5 Bildanteil in den Textbeiträgen in der Vorwahlzeit (n=138), außerhalb der Vorwahlzeit (n=285) und insgesamt (n=423). Videobeiträge (n=23) wurden von der Codierung ausgeschlossen





    Im Kontext des Verbots von Sympathiewerbung für einzelne Regierungsmitglieder wurde die Personalisierung in Beträgen gemessen. Die Befunde zeigen, dass eine sehr starke Personalisierung in keinem einzigen der untersuchten Beiträge vorkam, starke Personalisierung in lediglich 2,5 Prozent der Artikel. 


    Abb. 6 Gemessener Grad an Personalisierung in Beiträgen in der Vorwahlzeit (n=145) und außerhalb (n=301), fünfstufige Skala von 1=sehr starke Personalisierung bis 5=keine Personalisierung




    Die Erfolge der vergangenen Amtszeit der Bundesregierung wurden in zehn Beiträgen in der Vorwahlzeit thematisiert, außerhalb der Vorwahlzeit wurde keine erfolgsbetonende Aussage gefunden.


    Abb. 7 Tweet von Regierungssprecher Seibert am 9.11.2014
    Gegen das Gebot der parteipolitischen Neutralität wurde in der in Vorwahlzeit in sieben Beiträgen und außerhalb der Vorwahlzeit in sechs Beiträgen verstoßen. So wurde beispielsweise vom Regierungssprecher ein Tweet des SPD-Parteivorstandes retweetet, wodurch die Parteizugehörigkeit des Bundeswirtschaftsministers Gabriel ersichtlich wurde.

    Als überprüft wurde, ob die Vorgabe der parteipolitischen Neutralität eingehalten wurde, zeigte sich, dass in der Vorwahlzeit in sechs Beiträgen explizite oder implizite Wiederwahlwerbung vorkam, außerhalb der Vorwahlzeit wurde gegen diese Vorgabe nicht verstoßen. Außerdem wurden in fünf Beiträgen in der Vorwahlzeit und einem Beitrag außerhalb der Vorwahlzeit abwertende Äußerungen über die Opposition identifiziert.

    Fazit


    Insgesamt wurden im Untersuchungsmaterial 37 Rechtsverstöße identifiziert, wobei in der Vorwahlzeit deutlich mehr Verstöße (29 Verstöße) begangen wurden, als außerhalb (8 Verstöße). 

    Abb. 8 Identifizierte Verstöße in Anteilen in der Vorwahlzeit (n=145), außerhalb der Vorwahlzeit (n=301) und insgesamt (n=446)

    Diese Befunde offenbaren Schwachstellen innerhalb der Regierungskommunikation bei der Einhaltung von rechtlichen Vorgaben im Internet. Angesichts des Verbesserungsbedarfs könnten Kommunikationsverantwortliche die Ergebnisse dieser Studie als ein Anknüpfungspunkt für die zukünftige Ausrichtung von Regierungskommunikation nutzen. So könnten beispielsweise einheitliche interne Richtlinien für die Kommunikation der Bundesregierung im Internet erstellt oder aber eine zentralen Beratungs- und Kontrollstelle geschaffen werden, die die Rechtmäßigkeit regierungsamtlicher Onlinekommunikation sicherstellt.


    Autorin

    Marina Aschkenasi
    Marina Aschkenasi ist Absolventin des Masterstudiengangs „Medien und Politische Kommunikation“ an der Freien Universität Berlin und arbeitete am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an einem Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. In ihrer Masterarbeit untersuchte sie empirisch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung im Internet unter demokratietheoretischen, rechtlichen und strukturellen Aspekten. 




    Veni, Video, Vici – Warum erfolgreiche Politik mehr gute Bewegtbilder braucht

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    Dies ist ein Gastbeitrag von Christian Minaty. Er ist Blogger, Diplom-Politologe und Internet-Unternehmer. Freiberuflich betreibt er die Politik-Blogs Turnschuhe & Krawatte (junge Politiker) und Kanzlerkino(politische Promis und Videos). Christian Minaty beschreibt, warum Videos mit politischem Inhalt oft nicht funktionieren und fügt gelungene Beispiele an, wie angeblich langweilige Politik z.T. Millionen Views und Tausende Kommentare pro Video einsammeln kann.

    Screenshot
    YouTube-Channel der Bundesregierung
    Die Bundeskanzlerin ist seit Anfang Juni bei Instagram: Angela Merkel ist damit nun auf einigen der wichtigsten Kanälen der Social-Media-Sphäre vertreten. Auch wenn auf dem Account vorerst nur Bilder und noch keine Kurzvideos wie etwa auf den Instagram-Kanälen von US-Präsident Obama zu sehen sind, verzeichnet Merkels neuester „Staatssender“ allein in den ersten Wochen Tausende Likes und Kommentare. Mit dem YouTube-Channel der Bundesregierung hat die Kanzlerin zudem bereits einen erfolgreichen Video-Kanal etabliert.

    Hat da jemand etwas von Politikverdrossenheit gesagt? Die Bürger gieren nach Informationen und wollen fast schon 24/7 Politik konsumieren. Es passiert ja derart viel Hochpolitisches, dass der Stoff so schnell nicht ausgeht. Social Media ist das Beste, was der Politik passieren konnte. Der Homo politicus mag interessante politische Inhalte, nur professionell rübergebracht müssen sie sein. Ein gutes Politikvideo ist oft genauso spannend wie ein fiktiver Polit-Thriller im Kino.

    Screenshot
    YouTube-Channel der Landesregierung Rheinland-Pfalz
    Jetzt kommt das große Aber. Denn bei Top-Politikern wie Angela Merkel mögen Videos noch ein Selbstläufer sein. Die CDU-Chefin ist so bekannt, dass sie automatisch viel Traffic zieht. Doch selbst bei der Kanzlerin gibt es zahlreiche Videos, die bei der 500er-Views-Marke herumdümpeln. Bei einzelnen Abgeordneten, bei Unternehmen mit ihren Government-Relations-Abteilungen oder den Landesregierungen sieht es videomäßig oft sehr viel düsterer aus. YouTube-Hits funktionieren hier meist nur mit massiver Bewerbung. Doch auch das ändert nichts daran, dass Politikvideos vielfach lieb- und vor allem planlos zusammengezimmerte Machwerke sind.

    Da darf es keinen wundern, wenn nur wenige Nutzer ihre kostbare Zeit in Videos mit drögen Reden, arg werbliche Imagefilme oder merkwürdige Erklär-Filme investieren wollen. Natürlich liegt das auch an den Anbietern. Facebook und Google machen viel Geld mit der Bewerbung von Videos. Wer also kein saftiges Budget in die Bewerbung pumpt, muss davon ausgehen, dass eigene Videos nicht ganz vorn in dem täglichen Video-Tsunami mitschwimmen und prominent angezeigt werden. Das erklärt jedoch nicht, dass gut gemachte Politikvideos auch ohne teure Bewerbung in sozialen Netzwerken mit organischem Wachstum durchstarten.

    „Wie bekommen wir nur mehr Reichweite?“, „Wir brauchen unbedingt mehr Views“, „Wir müssen noch intensiver testen, was die User wirklich sehen wollen!“ – solche und ähnliche Sprüche werden Mantra-mäßig in Parteigremien, Abgeordneten-Kaffeekränzchen und Behördenkonferenzen aufgesagt. Alle suchen das perfekte Video, alle wollen, dass es superviral wird und billig soll es auch noch sein. Dabei liegen die Voraussetzungen, wann ein Video erfolgreich wird, längst auf dem Tisch! Mut zum Top-Inhalt heißen die Zauberwörter. Etwas anderes zählt nicht. Da helfen auch noch so viel Hochglanz, teure Agenturen oder die besten Kameras nicht.

    Was ist denn nun guter Inhalt? Fesselnder Stoff. Und wie bekommt man den? Es gibt exzellente Beispiele, wie man Politik „richtig“ darstellt und Kommentare, Likes und Klicks sammelt. Im Folgenden eine kleine Liste mit essentiellen Zutaten, auf die ein Politikvideo nicht verzichten sollte:

    1. Story:
    Für Reportagen, Features oder Interviews braucht es immer ein durchdachtes Video-„Drehbuch“. Und wenn man eine tolle Story sogar in Serie liefern kann, steigt der Wiedererkennungswert enorm. Das allein macht einen unschätzbaren Vorteil gegenüber anderen Anbietern aus:


    Nur eines von zahlreichen erfolgreichen „Action-Filmen“ der Bundeswehr, die mit ihrem YouTube-Kanal und harter Verteidigungspolitik im wahrsten Sinne des Wortes regelmäßig Zehntausende Klicks pro Video einheimsen.

    1. Exklusivität:
    Wenn Politiker Dinge verkünden, die schon an einschlägige Blogs durchgesickert oder an anderer Stelle längst offiziell verkündet worden sind, dann braucht man damit drei Wochen später auch nicht mehr um die Ecke kommen. Wer clever ist, prescht zeitnah mit exklusiven Infos voran.


    Barack Obama verkündet quasi im Alleingang das erfolgreiche Ergebnis der streng geheim durchgeführten Anti-Terror-Mission gegen Osama Bin Laden. Exklusiver und majestätischer kann eine solche politische Top-Geschichte nicht präsentiert werden.

    1. Aktualität:
    Natürlich gibt es auch zeitlose Inhalte, die für ein Video infrage kommen können. Doch generell gilt: Je mehr „Breaking News“-Charakter ein Politikvideo hat, umso besser.


    Ein sichtlich verstörter französischer Staatspräsident François Hollande gibt am Tatort der „Charlie Hebdo“ Attentate noch am selben Tag ein kurzes Statement. Das Ereignis bestimmte über Tage und Wochen die politische Agenda. Vor allem in Krisen-Situationen ist Schnelligkeit Trumpf, um dem politischen Gegner oder gar Feinden wie Terroristen keinesfalls die Meinungs- und Deutungs-Hoheit zu überlassen.

    1. Aufmachung:
    Im Prinzip sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Ein Politikvideo kann eine Diskussion vor Publikum zeigen, eine Rede im Präsidentenpalast, eine „Live“-Szene mitten auf dem Parteitag etc. Auch hier gilt wieder: Je ausgefallener, umso besser. Schreibtisch-Monologe bitte nur, wenn das Thema die Zuschauer vom Stuhl haut (z.B. „Griechenland verlässt die Eurozone“).

    Auf dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau gönnten sich Barack Obama und Angela Merkel ein Bad in der Menge. Obwohl keine politischen Inhalte in dem Video vorkommen, ist es schon ungewöhnlich, wenn der US-Präsident mit oberbayerischen Dorfbewohnern zusammentrifft. Derartige Hingucker-Szenen brauchen nicht viel Erklärung und laden zum Kommentieren und Teilen geradezu ein.

    1. Emotionen:
    Besonders emotionale Momente sorgen für starkes Interesse der Zuschauer. Das kann eine leidenschaftlich vorgetragene Rede sein, ein Wutausbruch im Parlament oder eine hitzige Diskussion in einer Talkrunde.


    Beim Staatsbesuch des ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah al-Sisi bei Angela Merkel in Berlin nutzte eine junge Ägypterin nach der Pressekonferenz im Kanzleramt die Gunst der Stunde, um ihrer Wut auf al-Sisi vor laufenden Kameras Luft zu machen. Der nachfolgende Tumult sorgte für hohe Klickzahlen.



    Es geht aber auch lustig, wie der legendäre Lachanfall des Schweizer Bundesrats Hans-Rudolf Merz zeigt.

    1. Polarisierung:
    Kontroverse Meinungen zu äußern und zielgerichtet zuzuspitzen ist in der Politik extrem wichtig. Denn nur der, der für etwas steht, ist interessant und umgekehrt ist der, der sich hinter Geschwafel und Schachtelsätzen versteckt, für das Publikum einfach nur einschläfernd.


    Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin vor die Kamera tritt, sehen viele rot. Doch genau das ist es, was dem Polit-Profi lauter Quotenhits beschert. Wie kaum ein zweiter polarisiert Putin mit extrem kontroversen und sehr scharfzüngig vorgebrachten Äußerungen und bestimmt so die weltpolitische Agenda maßgeblich mit.

    1. Originalität:
    Jeder will in einem Video möglichst originell rüberkommen, klar, doch nur wenige haben es drauf, sich vom Einheitsbrei abzuheben. Nicht wenigen Politikvideos sieht man den puren Angstschweiß an – man will bloß nicht anecken, bloß keinen Shitstorm beim Wähler erzeugen, nicht zu viel sagen etc. etc. Das kann nicht funktionieren. Wer wirklich erfolgreich sein will, der muss mutig zur eigenen Meinung stehen.


    Man kann der griechischen Regierungspartei Syriza und insbesondere Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis vielleicht einiges vorwerfen, doch sicher nicht, dass er nicht originell und authentisch auf sämtlichen Videos rüberkommt. Der smarte Ökonom hält die EU schon länger mit seiner Sicht der Dinge, was Euro und möglichen Grexit anbelangt, in Atem. „Varou“ nimmt kein Blatt vor den Mund wie manch anderer Politiker.

    1. Promi-Faktor:
    Wer spielt in einem Politikvideo die Hauptrolle? Nur der Pressesprecher oder die Agentur-Mitarbeiterin? Oder die Kanzlerin oder der Minister selber? Das macht einen gewaltigen Unterschied. Ein „Promi“-Video wird meistens zum Selbstläufer. Und wenn man keinen Star zur Verfügung hat, dann müssen wenigstens andere Faktoren stimmen (s.o.), damit das Video durchstartet.


    UN Messenger of Peace Leonardo DiCaprio ist ein perfekter Überbringer einer politischen Botschaft. Ihn kennt praktisch jeder, der Schauspieler hat Millionen Fans. Hier sind alle Ampeln auf grün.

    1. Innovation:
    Wie man politische Inhalte vorträgt, das ist nicht in Stein gehauen. Trotzdem sieht man oft Sprecher im altbackenen „Tagesschau“-Reporter-Singsang palavern. Lieber nicht. Man kann durchaus neue Wege einschlagen.


    Kanzlerinterviewer und Video-Blogger LeFloid geht es zwar eher seicht mit seiner politischen Satire an, doch seine locker-flockig gemachten Videos transportieren sehr oft harte politische Inhalte. Er hat sich mit seinen zigtausenden meist jugendlichen Fans wahrscheinlich eine große eher unpolitische Zielgruppe erschlossen. Ein großer Verdienst. Von daher ein vielversprechender und erfolgreicher Ansatz.

    1. Überraschung:
    Ein Magnet für Nutzer sind Politikvideos, in der sich Routine-Situationen plötzlich in etwas Unvorhersehbares wandeln. Überraschende Momente wirken belebend und nehmen Politik ihre Statik und Steifheit.


    Beim 25. Jahrestages des Mauerfalls sollte der ehemalige DDR-Dissident Wolf Biermann im Bundestag eines seiner Lieder spielen, griff aber zuvor die Fraktion der LINKEN in der Live-Übertragung scharf an.


    Autor:

    Christian Minaty (Foto: Johannes Dziemballa)
    Christian Minaty, Wahl-Berliner, war unter anderem in den Presse-Teams der Bayerischen Staatskanzlei, im Bundesverteidigungsministerium und bei Microsoft beschäftigt und kennt politische Krisen und tägliche Shitstorms in Orkanstärke aus dem Effeff.

    Freiberuflich betreibt er die Politik-Blogs Turnschuhe & Krawatte und Kanzlerkino.de, hält Vorträge und entwirft Ideen für gute Politik, nachhaltige Social-Media-Strategien und Konzepte für Politik-Videos.

    Illusion of Knowing durch Social Media?!

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    Dies ist ein Gastbeitrag von Patricia Müllervom Institut für Medien und Kommunikationswissenschaftan der Technischen Universität Ilmenau. Der vorliegende Text basiert auf dem Vortrag „Just feeling being informed? – Social Network Sites und tatsächliches und wahrgenommenes politisches Wissen“, gehalten am 14. Mai 2015 auf der DGPuK-Jahrestagung in Darmstadt

    Logo TU Ilmenau
    Eines ist nur wenig strittig: Ein „guter Bürger“ sollte informiert sein, damit er sich am politischen Diskurs beteiligen und seinen Interessen und Einstellungen entsprechende Wahl- entscheidungen treffen kann. Die meisten politischen Themen entziehen sich allerdings der direkten Erfahrbarkeit: Um Kenntnisse über politische Prozesse, Akteure und verhandelte Inhalte wie die Energiewende oder Steuerreformen zu vermitteln, spielen vor allem professionelle journalistische Nachrichtenmedien eine wichtige Rolle. Nun sehen wir, dass – gerade bei jungen Erwachsenen – zunehmend Social Media, und hier insbesondere die Social Network Sites (SNS) genutzt werden, um sich über aktuelle Nachrichten zu informieren. Nutzer erhalten auf Facebook, Twitter und Co. Nachrichten in ihrem persönlichen news stream. Darunter könnenneben allerhand Privatem, durchaus auch gesellschaftlich relevante Nachrichten sein. Sei es, weil Nutzer selbst Nachrichtenanbieter wie SPIEGEL ONLINE oder Bild abonniert haben oder aber weil ihre Freunde Links zu den Medienbeiträgen teilen. So werden Beiträge zum aktuellen politischen Geschehen teilweise nur zufällig gesehen– was zwar nicht unbedingt der Idealvorstellung einer gezielten Informationssuche entspricht, aber erst mal unproblematisch ist, solange man Ende trotzdem gut informiert ist.

    Die Frage, die sich stellt, lautet also: Hängt die Nutzung von Social Network Sites, um sich über aktuelle Nachrichten zu informieren, wirklich mit politischem Wissen1 zusammen oder erzeugt sie nicht vielmehr nur ein Gefühl, ausreichend informiert zu sein?Dieses selbst-wahrgenommene Wissen muss nicht unbedingt mit tatsächlichem Faktenwissen zu politischen Themen oder Akteuren zusammenhängen. So wird eine Diskrepanz auch als „Illusion of Knowing“bezeichnet (Park, 2001, S. 420). Heterogene, personalisierte news streams, wie sie auf Facebook und Twitter rezipiert werden, stehen dabei im Verdacht, eine überschätzende Illusion of Knowing zu begünstigen. Dem gehen wir mittels einer online-repräsentativen Befragung unter 16-29-Jährigen in Deutschland nach, deren Wissen zu innenpolitischen Themen und Akteuren ermittelt wurde. Vorab schätzten die Befragten ein, wie viel sie glauben, über das Themenfeld Innenpolitik zu wissen.


    Übliche Verdächtige“ – Interesse, Bildung und klassische Nachrichtennutzung am wichtigsten für politisches Wissen

    Zunächst werfen wir einen Blick darauf, wie Nachrichtennutzung und andere wichtige Faktoren wie die formale Bildung oder das Interesse an Innenpolitik mit dem tatsächlichen Wissen, also dem Abschneiden bei den gestellten Wissensfragen zusammenhängen2. Die aus zahlreichen früheren Studien (vgl. z.B. Maier, 2009 für einen Überblick) bekannten und gut belegten „üblichen Verdächtigen“ hohe Bildung und hohes politisches Interesse gehen auch hier mit einer höheren Informiertheit einher. Dieses Bild setzt sich bei der Nachrichtennutzung fort: Junge Menschen, die regelmäßig bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern einschalten oder Nachrichtenwebsites wie SPIEGEL ONLINE besuchen, wissen mehr über Innenpolitik. Demgegenüber weisen diejenigen, die häufiger soziale Onlinenetzwerke wie Facebook nutzen, um von Freunden oder abonnierten Nachrichtenfanpages über das aktuelle politische Geschehen auf dem Laufenden gehalten zu werden, sogar signifikant weniger Wissen auf(vgl. Abb. 1).

    Balkendiagramm mit Anzahl der richtigen Antworten im Wissenstest
    Abb. 1 Wissen über Innenpolitik




    Anmerkung: Abgebildet sind die Gruppenmittelwerte für diejenigen Befragten, die Nachrichtenwebsites bzw. SNS, um aktuelle, politische Nachrichten zu erhalten mind. mehrmals wöchentlich nutzen (Vielnutzer) gegenüber denjenigen, die dies nur mehrmals im Monat oder seltener tun (Wenignutzer).

    Schaut man sich das selbst-wahrgenommene Wissen an, fällt auf, dass sich diejenigen als informierter einschätzen, die sich für Innenpolitik interessieren und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen informieren. Twitter-Nutzer, die auf dem Microblogging-Dienst aktuelle Nachrichten lesen, schätzen sich ebenfalls als informierter ein.

    Twitter und SNS als Nachrichtenquelle? Tendenz zur Wissensüberschätzung!

    Bereits der Blick auf die Korrelate objektiven und selbst-wahrgenommenen Wissens deutet also auf interessante Unterschiede zwischen Social Media und genuinen Nachrichtenangeboten. Was wir bisher noch nicht sagen können, ist, was dazu beiträgt, dass das tatsächliche Wissen überschätzt wird – also eine Illusion of Knowing erzeugt. Dazu haben wir die Differenz zwischen tatsächlichem und selbst-wahrgenommenem Wissen als abhängige Variable betrachtet. Entsprechend bisheriger Forschung in diesem Bereich stellen auch wir fest, dass niedriger gebildete junge Menschen sowie diejenigen, die sich stark für Innenpolitik interessieren, ihr tatsächliches Wissen eher überschätzen. Viel spannender ist jedoch, dass dies auch auf diejenigen zutrifft, die Twitter nutzen, um sich über aktuelle Nachrichten zu informieren oder SNS wie Facebook, um dort von ihren Freunden oder abonnierten Nachrichtenmedien politische Nachrichten zu erhalten (vgl. Abb.2).

    Balkendiagramm
    Abb. 2 „Illusion of Knowing“ bei Twitter- und SNS-Nutzern



    Anmerkung: Abgebildet sind die Gruppenmittelwerte der Differenzvariablen.
    Lesehilfe: Werte über Null zeigen eine Überschätzung des tatsächlichen Wissens auf, Werte darunter eine Unterschätzung. Je näher der Wert an null liegt, desto geringer ist die Abweichung zwischen tatsächlichem und selbst-wahrgenommenen Wissen.

    Fazit

    Wer sich hauptsächlich bei Facebook und Twitter über Nachrichten informiert, scheint sein Wissen zu überschätzen. Möglicherweise verlassen sich die Nutzer (zu) stark darauf, dass sie in ihrem persönlichen news streambereits alle relevanten Nachrichten mitbekommen, erlangen dabei jedoch nur einen eingeschränkten Einblick in das politische Geschehen. Zudem ist es gerade auf Twitter nicht selten, dass Nutzer gleich mehreren Nachrichtenmedien folgen. Der regelmäßige Kontakt mit verschiedenen „Informationshappen“ stärkt offenbar zwar das Gefühl, gut informiert zu sein, kann aber einer tiefergehenden Nachrichtenrezeption sprichwörtlich nicht das Wasser reichen. 

    Nun ist Innenpolitik ein weites Feld und so kann eingewandt werden, dass die Ergebnisse bei eng gefassten Themen, für die bestenfalls auch klar ist, dass sie im Social Web stark thematisiert werden wie die Netzpolitik, möglicherweise anders ausfallen. Es gilt also, die Befunde – idealerweise in Längsschnittuntersuchungen, die auch kausale Rückschlüsse erlauben – zu bestätigen. Daneben erscheint es sinnvoll, nicht nur einzelne Angebote gegeneinander auszuspielen, sondern auch einzubeziehen, ob und inwiefern Social Media in übergeordnete Informationsrepertoireseingebettet sind – verlassen sich doch die wenigsten jungen Menschen nur auf einzelne Kanäle. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, was überschätztes Wissen schließlich bedeutet, beispielsweise für weiterführende Informationssuche und letztlich auch politische Beteiligung und potentielle Wahlentscheidungen.


    Autorin

    Patricia Müller
    Patricia Müller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet PR und Technikkommunikation am Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit dem Zusammenhang von Nachrichtennutzung – mit Fokus auf Social Media – und politischem Wissen bei jungen Menschen.









    Literatur
    Maier, J. (2009). Was die Bürger über Politik (nicht) wissen - und was die Massenmedien damit zu tun haben -
    ein Forschungsüberblick. In F. Marcinkowski & B. Pfetsch (Eds.), PVS - Politische Vierteljahresschrift:
    Sonderheft 42/2009. Politik in der Mediendemokratie (pp. 393–414). Wiesbaden: VS Verlag für
    Sozialwissenschaften.

    Park, C.-Y. (2001). News Media Exposure and Self-Perceived Knowledge: The Illusion of Knowing. International
    Journal of Public Opinion Research, 13(4), 419–425.

    _______________________________________________

    1Innerhalb der kommunikationswissenschaftlichen Forschung ist nach wie vor umstritten, wie man politisches Wissen eigentlich definieren und messen soll (Maier, 2009, S. 394). An dieser Stelle kann diese Diskussion noch geführt werden. Wir beziehen uns in diesem Beitrag auf Faktenwissen zu politischen Themen und Akteuren und verwenden den Begriff synonym zu politischer Informiertheit.

    2Alle im Beitrag präsentierten Ergebnisse beruhen auf Regressionsanalysen, um signifikante Prädiktoren für politisches Wissen, selbst-wahrgenommenes Wissen und „Illusion of Knowing“ zu ermitteln (n=527; Befragte, die für die Beantwortung der Wissensfragen länger als 35 Sekunden brauchten, wurden ausgeschlossen).

    Die Webseiten der Europaabgeordneten: Wie informativ und transparent präsentieren sich MdEP im Netz?

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    Dies ist ein Gastbeitrag von Jessica Kunert. Im Juli 2015 hat sie ihr Promotionsverfahren an der Leuphana Universität Lüneburg abgeschlossen. In der Promotion untersuchte sie die Webseiten der Europaabgeordneten auf Transparenz-, Informations- und Repräsentationsinhalte.

    Logo Leuphana Universität Lüneburg
    Die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEPs) und die Bürger – keine leichte Beziehung. Unverständnis für die Arbeit der europäischen Abgeordneten ist vorherrschend. Was von der Arbeit der MdEPs beim Bürger ankommt, hat häufig anekdotischen Charakter, man denke an die Diskussion um die Form von Gurken. Oder die Nachrichten ranken sich um Skandale, wie die BSE-Krise – ansonsten ist die Berichterstattung in den Medien rar gesät. Das zeigt, dass die MdEPs in der Wahrnehmung des Bürgers an untergeordneter Stelle stehen.Dies ist auch an der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Europawahlenzu sehen, die eine ähnliche Wichtigkeit haben wie lokale oder regionale Wahlen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Der Apparat der Europäischen Union ist wenig durchschaubar. Das Europäische Parlament bildet keine Ausnahme, allein schon, weil drei verschiedene legislative Verfahren nebeneinander benutzt werden. Auch die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ist besonders, da die Abgeordneten verschiedene politische Kulturen und Sprachen in die Arbeit des Parlaments einbringen. Außerdem sind die Wahlkreise des Europäischen Parlaments um ein Vielfaches größer als die der nationalen Abgeordneten, was einen direkten Kontakt zum Bürger erschwert. 
     
    Webseite MdEP Julia Reda (Piratenpartei)
    All dies trägt dazu bei, dass die Kommunikation mit dem Bürger für die Abgeordneten keine leichte Aufgabe ist. Wen sollen die MdEPs ansprechen, und in welcher Sprache? Auf welchen Kanälen? Das Internet und besonders persönliche Webseiten haben das Potential, die Kommunikationslücken aufzufangen. Das Internet besitzt viele Charakteristika, die hierbei von Vorteil sind: es können verschiedene Medien – Text, Videos, Bilder – auf einer einzigen Webseite gezeigt werden, das Internet hat keine Schließszeiten wie es Bürgerbüros haben, und es kann von überall genutzt werden, braucht somit keinen festen physischen Ort. 
     
    Wie schaut die Nutzung von persönlichen Webseiten in der Praxis für die deutschen MdEPs (der Wahlperiode von 2009 bis 2014) aus?

    Eine Webseite zu haben ist die Norm


    Von den 99 untersuchten deutschen MdEPs hat nur ein Abgeordneter keine Website – aber dafür Facebook. Allein dies macht deutlich, dass die Onlinekommunikation für die Abgeordneten einen hohen Stellenwert hat. Der Vergleich mit den Bundestagsabgeordneten (MdBs) zeigt ähnliche Zahlen: von den 621 Abgeordneten hatten nur fünf keine Webseite.



    Die Webseiten sind meist nur auf Deutsch gehalten



    Screenshot
    Webseite Reinhard Bütikofer (Bündnis 90/Die Grünen)
    Die gesamte Website in einer anderen Sprache als auf Deutsch zu präsentieren ist dahingegen nicht verbreitet. 97 % der Abgeordneten zeigen ihre Inhalte auf Deutsch, und nur drei MdEPs übersetzen ihre gesamte Webseite in eine andere Sprache. Was allerdings häufiger zu sehen ist, dass Teile der Webseite übersetzt werden, was 25 % der MdEPs tun. Hierbei wird vor allen Dingen der Lebenslauf übersetzt – meist auf Englisch–, und auch Nachrichten. Von den Bundestagsabgeordneten zeigt kaum einer seine gesamte Webseite in einer anderen Sprache, es sind 4 von den 616 Abgeordneten (= 0,75 %). Aber 15 % der MdBs präsentieren einzelne Inhalte in anderen Sprachen. Auch hier ist es meistens der Lebenslauf, der auf Englisch, aber auch auf Französisch, Russisch oder Hebräisch gezeigt wird.

    Viele Webseiten zeigen vertiefende Informationen und machen Interaktionsangebote


    Wie schaut es mit den Inhalten auf den Webseiten aus? Ein Inhaltstyp sind Elemente, die vertiefende Informationen zeigen und zur Interaktion mit dem Bürger beitragen, wie z.B. ein Weblog oder vertiefende Informationen zum Gesetzgebungsprozess, die durch Reden und Berichte verfügbar gemacht werden. Um einen ersten Eindruck zu geben, wurden diese Elemente, die unten im Einzelnen aufgeführt werden, zu einem Index zusammengefasst, dem Transparenzindex. Hierbei ist in den Grafiken zu sehen, dass sich die MdEPs und die MdBs in ihrem Gebrauch von Transparenzelementen nur wenig unterscheiden.

    Balkendiagramm
    Abb 1. Transparenzindex Vergelich Europa- und Bundestagsabgeordnete

     Aufgeschlüsselt handelt es sich beim Transparenzindex um folgende Elemente:
     
    Abb 2. Transparenzelemente der Webseiten einzeln aufgeschlüsselt


    Besonders auffällig ist, dass die MdEPs ihre eigene Arbeit und politischen Funktionen wesentlich häufiger auf ihrer Webseite erklären als die MdBs– was darauf hindeutet, dass die europäischen Abgeordneten besonders daran arbeiten, die Informationslücken in dieser Hinsicht zu schließen. Ein Weblog als Kommunikationsmittel wird dahingegen auf beiden politischen Ebenen kaum genutzt.

    Fazit


    Alles in allem lässt sich sehen, dass eine persönliche Webseite ein von den MdEPs häufig genutzter Kanal ist, auch im Vergleich mit den nationalen Abgeordneten. Die eigene Sprache herrscht bei den Webseiten vor, selbst wenn einige Teile von einer Minderheit auf Englisch und andere Sprachen übersetzt werden. Bei den Transparenzinhalten unterscheiden sich die MdEPs nur in Details von den MdBs. Das bedeutet, dass die eigene Präsentation online für beide politische Ebenen einen großen Stellenwert einnimmt. So kann nicht nur die Abhängigkeit von den Medien reduziert werden, sondern auch die Informationslücke zu den Wählern zumindest in Teilen geschlossen werden.


    Autorin:  

    Jessica Kunert
    Jessica Kunert ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft (Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre) an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg. Sie hat im Juli 2015 ihr Promotionsverfahren an der Leuphana Universität Lüneburg abgeschlossen. In ihrer Dissertation untersuchte sie die Webseiten von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und nationalen Abgeordneten auf Transparenz-, Informations- und Repräsentationsinhalte.

    Social Media im Bürgerschaftswahlkampf: Wie nutzen die Kandidaten Facebook?

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    Dies ist ein Gastbeitrag von Dr. Jan-Hinrik Schmidt und Christoph J. Beyer vom Hans-Bredow-Institut Hamburg. Er ist der zweite Teil einer Reihe von Analysen und Ergebnissen eines Forschungsprojektes zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2015 in Zusammenarbeit mit Prof. Thorsten Faas (Universität Mainz), dem Portal PolitikTweetsHH sowie dem Hamburger Wahlbeobachter. 
     
    Logo des Hans-Bredow-Institutes
    Vor einer Woche haben wir Ergebnisse einer ersten Bestandsaufnahme der Social-Media-Aktivitäten von Kandidierenden zur Hamburgischen Bürgerschaft vorgestellt und uns dabei auf Twitter konzentriert. In diesem Beitrag fassen wir nun analog Daten mit Bezug auf Facebook knapp zusammen. Erneut gilt:Diese Befunde sollten und dürfen nicht überinterpretiert werden. Sie stellen eine Momentaufnahme dar, und es ist nicht davon auszugehen, dass eine Facebook-Präsenz (oder ihr Fehlen) für sich genommen dazu führt, dass sich die Wahlchancen einer Person verbessern. Wir wollen auch kein Ranking aufstellen, nach dem Motto „Partei xy hat die meisten Profile und ist Social-Media-Champion“. Vielmehr sehen wir diese Bestandsaufnahme als ersten Schritt an, um die im Wahlkampf eingesetzten Medienrepertoires zu beschreiben und davon ausgehend zu untersuchen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen einzelnen Kandidierendengruppen bestehen.

    Kreisdiagramm
    Infografik Nutzung von Privatprofilen und Fanseiten im Wahlkampf
    Zur Erhebung der Facebook-Präsenzen wurde auf die Daten der Social-Media-Analyse-Plattform Pluragraph.de zurückgegriffen, die mit weiteren Recherchen (zum jetzigen Zeitpunkt aber erst stichprobenartig) ergänzt und gegebenfalls korrigiert wurden. Nicht überprüft wurde, ob der Facebook-Auftritt auch tatsächlich für Wahlkampfzwecke eingesetzt wurde. Zum Stand 29. Januar ergab sich folgendes Bild: Facebook ist unter den Kandidierenden – wie auch in der gesamten deutschen Onlinerschaft - deutlich weiter verbreitet als Twitter:

    - 486 Kandidierende (54,8 %) haben ein persönliches Profil auf der Netzwerkplattform und
    - 109 Personen (12,3 %) bieten eine Fanpage an.

    Diese Gruppen überschneiden sich allerdings: 94 Personen (10,6 % aller Kandidierenden) haben beides, und nur 15 (1,7 %) beschränken sich auf eine Fanpage. In den folgenden Abbildungen werden jeweils drei Gruppen ausgewiesen:

    - (1) Personen ohne Profil oder Fanpage (43,5 %, rot)
    - (2) Personen, die nur ein Profil haben (44,2 %, blau) 
    - (3) Personen, die eine Fanpage pflegen, was in den meisten Fällen beinhaltet, dass sie auch ein persönliches Profil besitzen (12,3 %, grün).

    Balkendiagramm
    Facebooknutzung zur Bürgerschaftswahl nach Alter & Geschlecht
    Wie bereits bei der Analyse der Twitter-Profile zeigt sich, dass es auch in Hinblick auf die Facebook-Präsenz zwischen Männern und Frauen keine signifikanten Unterschiede gibt; in beiden Gruppen finden sich ähnliche Anteile. Aber erneut springt ein ausgeprägter Alterseffekt ins Auge: Je jünger die Kandidat/innen, desto weiter verbreitet ist die Facebook-Nutzung. Von den unter-50-Jährigen ist nur knapp ein Drittel (32,4 %) nicht auf Facebook, während bei den Personen über 50 Jahren die Nicht-Nutzer mit 57 Prozent in der Mehrheit sind.

    Balkendiagramm
    Facebooknutzung zur Bürgerschaftswahl nach Partei
    Überdurchschnittlich viele Kandidierende mit Facebookauftritten finden sich bei der SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie bei den Neuen Liberalen, wo jeweils um die 70 Prozent auf der Netzwerkplattform aktiv sind. Die Kandidat/innen der SPD haben mit knapp 29 Prozent zudem den deutlich größten Anteil von Fanpages.
    Bei CDU, FDP, Piratenpartei und der PARTEI sind jeweils etwa die Hälfte der Kandidierenden auf Facebook aktiv. Bei der LINKE und der AfD hingegen liegt der Anteil darunter bei etwa 40 Prozent.

     Unterscheidet man die Personen, die für einen der „großen“ Wahlvorschläge (20 Kandidierende und mehr) antreten danach, auf welcher Liste sie antreten, ergeben sich weitere Unterschiede. Von denjenigen Kandidierenden, die nur auf einer der insgesamt 17 Wahlkreislisten antreten, haben etwa die Hälfte (51,4 %) keinen Facebook-Auftritt. Zudem gilt: Je höher der Listenplatz auf der Wahlkreisliste, desto größer die Wahrscheinlichkeit, diese Person auf Facebook zu finden (pearson’s r = ,148). Unter den Kandidierenden auf den Landeslisten sind hingegen nur um die 30 Prozent nicht bei Facebook aktiv. Hier gibt es keinen signifikanten Zusammenhang mit dem Listenplatz.

    Balkendiagramm
    Facebooknutzung zur Bürgerschaftswahl nach Wahlkreis
    Auch der Blick auf die Verteilung in den einzelnen Wahlkreisen ist möglich: Der Anteil der Nicht-Nutzer von Facebook unter den Kandidierenden ist in Wandsbek und Fuhlsbüttel-Alsterdorf-Langenhorn am Kleinsten (34 bzw. 36 Prozent), in Rahlstedt sowie im Wahlkreis Alstertal-Walddörfer hingegen am größten (etwa 61 Prozent).

    Zu guter Letzt lassen sich die Befunde zur Twitter- und Facebook-Nutzung kombinieren. Knapp 40 Prozent der Kandidierenden sind auf keiner der beiden Angebote vertreten. Ein weiteres Drittel nutzt Facebook, aber Twitter nicht, während nur knapp vier Prozent den Microblogging-Dienst, aber nicht die Netzwerkplattform nutzt. Das verbleibende knappe Viertel der Kandidierenden hat sowohl ein Twitter- als auch ein Facebook



    Kreisdiagramm
    Überschneidung Nutzung von Facebook und Twitter unter den Kandidierenden zur Bürgerschaftswahl



    Autoren

    Dr. Jan-Hinrik Schmidt
    Dr. Jan-Hinrik Schmidt ist wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung (Hamburg).








     

    Christoph J. Beyer
    Christoph J. Beyer studiert Soziologie (Master) an der Universität Hamburg und arbeitet als studentischer Mitarbeiter am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung.














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